Nach Christchurch – Macron und Ardern wollen Live-Terror stoppen
Front gegen Facebook

Nach den Attacken in Christchurch wollen Staaten gegen Terror-Streaming vorgehen. Facebook reagiert panisch, das Weisse Haus ablehnend.
Publiziert: 15.05.2019 um 20:00 Uhr
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Zwei Monate nach dem Anschlag in Neuseeland haben Premierministerin Jacinda Ardern und Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron in Paris eine neue Initiative angestossen.
Foto: AFP
Fabienne Kinzelmann

Am 16. März dieses Jahres zog Brenton Tarrant (29) eine kugelsichere Weste an, startete seine Helmkamera und parkte vor der Al-Noor-Moschee im neuseeländischen Christchurch. Auf Facebook konnten Zuschauer die folgenden 17 Minuten live verfolgen: Um 13.45 Uhr Ortszeit eröffnete der australische Rechtsterrorist das Feuer und streckte die anwesenden Muslime nieder. Am Ende waren 51 Menschen tot. Das Video der abscheulichen Tat wurde millionenfach geklickt. 

Damit sich Fälle wie Christchurch nicht wiederholen, machen Neuseelands Ministerpräsidentin Jacinda Ardern (38) und Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron (41) nun Front gegen Facebook. Im Kampf gegen Terrorvideos im Netz schmieden sie an einem internationalen Bündnis. Gestern gaben sich beim Christchurch-Gipfel in Paris unter anderem die britische Premierministerin Theresa May, Jordaniens König Abdullah II. oder Kanadas Premier Justin Trudeau die Klinke in die Hand. Auch führende Vertreter von Facebook, Google, Twitter oder Microsoft standen auf der Gästeliste.

«Es ist das erste Mal, dass Regierungen und Technikunternehmen zusammenkommen», sagte Ardern in Paris. Eine gemeinsame Erklärung soll folgen.

Facebook kündigte selbst bereits Einschränkungen an

Das setzt die Tech-Riesen unter Druck. Sie hatten sich lange geweigert, Verantwortung für Inhalte auf ihren Plattformen zu übernehmen. Dem hat die EU im März bereits einen ersten Riegel vorgeschoben. Ein neues Urheberrecht nimmt die Plattformen in die Pflicht, Inhalte auf urheberrechtspflichtiges Material zu prüfen. Die EU arbeitet zudem an einem Gesetz, das Internetfirmen unter Androhung empfindlicher Strafen zum raschen Löschen problematischer Inhalte zwingen soll.

Dem will Facebook offenbar zuvorkommen. Pünktlich zum Christchurch-Gipfel hatte das soziale Netzwerk bereits neue Einschränkungen angekündigt. So sollen Nutzer schon nach einer schwerwiegenden Regelverletzung «eine bestimmte Zeit lang» keine Live-Videos übertragen dürfen. Als Beispiel-Zeitraum für eine Sperrung wurden 30 Tage angegeben. Ein schwerwiegender Regelverstoss könnte die Weiterleitung eines Links zu einer Mitteilung einer Terrorgruppe sein. Zudem steckt Facebook 7,5 Millionen US-Dollar in ein Forschungsprojekt, um die Bilderkennung in Videoaufnahmen zu verbessern.

US-Präsident Donald Trump will sich Macrons und Arderns Initiative nicht anschliessen. Nach dem Gipfel gab das Weisse Haus bekannt, man werde keine gemeinsame Erklärung unterschreiben. Begründung: Eine Einschränkung der sozialen Netzwerke verletze möglicherweise die Meinungsfreiheit.

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