Das kleine Mädchen ist splitternackt, ganz offensichtlich verletzt und schreit vor Schmerz. Es rennt mit ausgebreiteten Armen direkt auf den Fotografen zu. Das Schwarz-Weiss-Foto von der damals neunjährigen Kim Phuc erschütterte 1972 die Welt.
Für die ergreifende Aufnahme erhielt Fotograf Nick Ut den Pulitzer-Preis. Sie zeigt unverblümt die ganze Brutalität des Krieges in Vietnam: Südvietnamesische Flugzeuge hatten Kims Dorf mit Napalm bombardiert, weil dort Vietcong-Kämpfer vermutet wurden. Napalm sind Brandbomben, die gelieren und als klebrige Masse am Ziel haften und weiter brennen.
Fotograf Ut berichtete später, wie er Kim schreien hörte: «Zu heiss, zu heiss!» Wie sich auf ihrem brennendem Rücken Klumpen von rosa und schwarzem Fleisch ablösten – und wie er das Mädchen ins Spital brachte. Ein Drittel der Haut war verbrannt, ihre Überlebenschancen gleich null. Und doch hat sie es geschafft. Heute ist Kim Phuc 52, wohnt mit ihrem Mann Toan in Kanada und hat zwei Söhne (21 und 18 Jahre).
Auch nach 43 Jahren leidet sie noch immer unter fürchterlichen Schmerzen. «Keine Operation», sagte sie einst, «keine Medizin und kein Arzt kann mein Herz heilen. Ich wünsche mir nur, dass ich eines Tages keine Schmerzen mehr habe.»
Nun schöpft sie Hoffnung. Phuc ist bei Jill Waibel in Miami im US-Bundesstaat Florida in Behandlung. Die Ärztin ist auf die Behandlung von Verbrennungen spezialisiert. Sie verwendet einen Laser, der die Haut so erhitzt, dass das Narbengewebe verdampft. Es entstehen mikroskopisch kleine Löcher, durch welche Medikamente in den Körper eindringen und die Heilung unterstützen. Die Haut soll auf diese Weise glatter und vor allem elastischer werden.
Die Narben auf Kims Körper ziehen sich von der linken Hand den Arm hinauf bis zum Nacken und über fast den gesamten Rücken. Mit der linken Hand kann sie kaum eine Tasche tragen, das Klavierspielen musste sie aufgeben. Sieben Behandlungen muss Kim Phuc bei Jill Waibel über sich ergehen lassen. Sie sind sehr schmerzhaft. Aber kein Vergleich zu dem, was Phuc im Krieg und bei den ersten Operationen erlebte. Sie sagt: «So viele Jahre dachte ich, dass ich erst keine Schmerzen mehr habe, wenn ich im Himmel bin. Jetzt ist der Himmel auf Erden für mich da!»