Nach 10 Wochen Chaos in Como
Lager geräumt, Politik schäumt

Rund 200 Flüchtlinge sind im Container-Dorf. Doch der Protest geht weiter. Simona Bordonali (45), Ministerin für Sicherheit, Zivilschutz und Migration der Region Lombardei, schimpft gegen die Kuschelpolitik von Como.
Publiziert: 23.09.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 23:37 Uhr
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Müllmänner beseitigen im Park die Spuren der Belagerung.
Foto: Yvonne Leonardi
Myrte Müller

Bei der Räumung des wilden Lagers lässt sich die Gemeinde Como (I) Zeit. Zehn Wochen brauchte die italienische Grenzstadt, um ein Container-Dorf aufzustellen. Derweil campierten Hunderte Flüchtlinge im Freien. Die humanitäre Lage: prekär. Das Bild nach aussen: desolat.

Am Montagmorgen wurde das provisorische Auffanglager San Rocco endlich eröffnet und die Flüchtlinge am Bahnhof San Giovanni gebeten, sich ins Container-Dorf zu begeben. Nicht alle folgten dem Aufruf. Dennoch begannen Müllabfuhr, Carabinieri und Grenzpolizei am Mittwoch, Bahnhofshalle und Geleise von Decken, Kleidung und Abfall zu säubern. Die Ak­tion lief ohne jede Hast ab – aber auch ohne Gewalt.

Mittlerweile sind 200 Flüchtlinge im Container-Dorf untergebracht. Kemosuno (28) aus Gambia und Ngaye (22) aus dem Senegal passt das nicht. «Wir wollen über die Grenze, weg aus Italien», sagt Kemosuno. «Wir waren in Lagern und wurden von dort auf die Strasse gestellt. Hier haben wir überhaupt keine Zukunft.»

Gestern griff Como auch im Park durch. Die wilden Zelte in der Grünanlage wurden abgerissen, die letzten Flüchtlinge mit sanftem Druck aus dem Park geleitet.

«Die reinste Kuschelpolitik», schimpft Simona Bordonali (45) von der Lega Nord, Ministerin für Sicherheit, Zivilschutz und Migration der Region Lombardei. «Das hätte alles viel früher und zügiger vonstattengehen müssen.» Schliesslich seien die meisten Flüchtlinge keine Asylbewerber und hätten kein Recht, in Italien zu bleiben. «Dass Bürgermeister Lucini und Präfekt Corda das wilde Lager am Bahnhof so lange tolerierten, hat doch die Flüchtlinge erst nach Como gelockt», sagt die Politikerin. Auch vom Container-Dorf ist sie nicht begeistert. «Das ist ja kein Zentrum für Asylbewerber, sondern eines für illegale Einwanderer. Das erste seiner Art in Italien.»

Die Regierung in Rom verteilt Asylbewerber proportional nach Einwohnerzahl. Das, findet Bordonali, sei nicht in Ordnung: «In der Lombardei haben wir bereits 21'000 Asylbewerber. Die illegalen Flüchtlinge nicht mitgezählt.» Und die konzentrierten sich nun in Como sowie in Ventimiglia, an der Grenze zu Frankreich.

Für die Schweiz hingegen ist Lega-Frau Simona Bordonali voll des Lobes: «Die Schweiz hält sich strikt an die Gesetze. Wer Asyl beantragt, wird geprüft. Wer nicht, muss das Land verlassen. Basta. Es gibt auch bei uns in Italien Gesetze. Doch in der Schweiz befolgt man sie.»

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