Die Friedensnobelpreisträgerin rechnet mit der absoluten Mehrheit im neuen Parlament. «Wir dürften 75 Prozent der Mandate gewonnen haben», sagte sie am Dienstag in einem Interview mit dem britischen Sender BBC.
Das entspräche 368 Sitzen. Da ein Viertel der Mandate für das Militär reserviert sind und nicht zur Disposition standen, bekäme ihre Nationalliga für Demokratie (NLD) bei einem solchen Ergebnis 56 Prozent aller Sitze in den beiden Parlamentskammern.
Die Wahlkommission hatte bis Dienstagabend (Ortszeit) erst knapp ein Fünftel der Wahlkreise ausgezählt. Danach gewann die NLD 78 von 88 Mandaten. Die militärnahe Regierungspartei USDP hatte bis dahin fünf Sitze gewonnen. Der Anteil der NLD an den ausgezählten Sitzen in den 14 Regionalparlamenten lag ähnlich hoch.
Myanmar war bis 2011 eine Militärdiktatur. Seitdem regierte die USDP, deren Führungsriege überwiegend aus einstigen Junta-Generälen besteht.
Die NLD wolle die Regierung bilden und sie werde Chefin, betonte Suu Kyi erneut, obwohl die Verfassung ihr das Präsidentenamt verwehrt. «Ich werde als Vorsitzende der Siegerpartei alle Entscheidungen treffen», sagte Suu Kyi. «Wenn ich einen Präsidenten aufstellen muss, um der Verfassung zu genügen, werden wir einen finden, aber das hält mich nicht davon ab, die Entscheidungen zu treffen.»
Nach der von der Junta verabschiedeten Verfassung kann niemand mit ausländischen Familienmitgliedern Präsident werden. Suu Kyis Söhne sind Briten.
Die EU-Wahlbeobachter zeigten sich weitgehend zufrieden mit den Wahlablauf am Sonntag. Es habe keine grösseren Zwischenfälle gegeben. Die Gesetze erlaubten allerdings nicht wirklich das Abhalten «echter» Wahlen, monierte der Leiter der Delegation, Alexander Graf Lambsdorff, in der Hafenstadt Rangun.
Er verwies unter anderem darauf, dass ein Viertel der Sitze für das Militär reserviert ist. Dennoch sei die Parlamentswahl ein historischer Augenblick in der demokratischen Wandlung Myanmars, sagte Lambsdorff.
Bei der vorzeitigen Stimmabgabe habe es nicht genügend Transparenz gegeben, kritisierte er. So hätten die Beobachter trotz vorheriger Zusage nicht dabei sein können, als vor dem eigentlichen Wahltag in Kasernen gewählt wurde.
Parteien hatten im Vorfeld geargwöhnt, das Militär zwinge Soldaten womöglich, für die militärnahe Regierungspartei USDP zu stimmen. Beweise dafür gab es nicht.
Frankreichs Präsident François Hollande begrüsste die Wahlen in Myanmar als historisch. «Sie stellten eine wichtige Etappe im Prozess des demokratischen Übergangs dar», sagte Hollande nach Angaben des Élysée-Palastes in Paris.
Der Staatschef gratulierte den bereits gewählten Kandidaten und appellierte an alle Parteien, den klar zum Ausdruck gebrachten Volkswillen zu respektieren. UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon gratulierte den Menschen in Myanmar zu ihrer «Geduld, Würde und Begeisterung».