«Ich habe lange auf diesen Moment gewartet»
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Vater von Ex-Geisel:«Ich habe lange auf diesen Moment gewartet»

Jetzt spricht der Vater der freigelassenen Hamas-Geisel Natalie Raanan (17)
«Sie hat mir erzählt, dass sie gut behandelt wurde»

Am Freitag liess die Hamas unerwartet zwei US-amerikanische Geiseln frei. Die zwei Frauen wurden im Gazastreifen dem Roten Kreuz übergeben. Das ist über sie bekannt.
Publiziert: 20.10.2023 um 20:41 Uhr
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Aktualisiert: 21.10.2023 um 12:16 Uhr
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Das offenbar erste Bild der beiden US-Geiseln nach ihrer Freilassung. In der Mitte: Israels Geiselbeauftragter Brigadegeneral Gal Hirsch.
Foto: zVg Israelische Regierung

Die Hamas hat am Freitagabend zwei Geiseln freigelassen. Abu Obaida, ein Sprecher des militärischen Flügels der Hamas, sagte: «Aufgrund von Bemühungen Katars haben die Al-Qassam-Brigaden zwei amerikanische Staatsbürger (eine Mutter und ihre Tochter) aus humanitären Gründen freigelassen.» Die Mutter soll gesundheitliche Probleme aufgewiesen haben.

Ein erstes Foto der freigelassenen US-Geiseln auf israelischem Boden zeigt die beiden Frauen an der Seite des israelischen Brigadegenerals Gal Hirsch, dem Verantwortlichen Jerusalems für die Entführten und Vermissten. Hirsch trägt eine kugelsichere Weste und hält je eine Hand der beiden Frauen. Flankiert werden die drei von zwei israelischen Soldaten, deren Gesichter auf dem Bild verwischt sind.

Eine Grund für die Freilassung sei laut Obaida, dass die Hamas «dem amerikanischen Volk und der Welt» beweisen wolle, dass die «Behauptungen von Biden und seiner faschistischen Regierung falsch und unbegründet» seien. Israelische Beamte sagten gegenüber israelischen Medien, dass die Entscheidung der Hamas einseitig getroffen wurde. Israel habe keine Gegenleistung angeboten.

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Das Aussenministerium Israels bestätigte am Freitagabend, dass die zwei Frauen über das Rote Kreuz an die israelische Grenze gebracht wurden. Von dort werden sie zu einem Militärstützpunkt in Zentralisrael gebracht, wo ihre Familienmitglieder auf sie warten.

Sie waren für den Geburtstag eines Verwandten in Israel

Wie «The Times of Israel» berichtet, handelt es sich bei den freigelassenen Geiseln um Judith Raanan (59) und ihre Tochter Natalie Raanan (17). Meir Hecht, der Rabbi der Familie, erzählte der Zeitung, dass die Frauen im Kibbutz Nahal Oz von der Hamas entführt wurden – nur rund 1,5 Kilometer vom Gazastreifen entfernt. Der Rabbi stellte zudem Bilder der beiden Frauen zur Verfügung.

Judith und Natalie waren für den 85. Geburtstag eines Familienmitglieds nach Israel gereist. Ebenso wollten sie dort die jüdische Feiertagszeit geniessen. Natalie soll erst vor kurzem ihren Highschool-Abschluss absolviert haben. Danach hatte sie sich laut Aussagen ihres Onkels auf die Auszeit in Israel gefreut. Regulär wohnen die beiden Frauen in Evanston im US-Bundesstaat Illinois, ausserhalb von Chicago. Judith verbrachte laut der «New York Times» aber den Grossteil ihrer Jugend in Israel. Sie ist Malerin und widmet sich jüdischen, religiösen und israelischen Themen.

«Sie wurde nett behandelt und es geht ihr gut»

Riesengross ist die Freude über die Freilassung der beiden Frauen bei den Angehörigen. Auf den Zustand seiner Tochter angesprochen, verkündete Uri Raanan (71), der Vater von Natalie: «Es geht ihr gut. Es geht ihr sehr gut.» Er habe mit ihr am Telefon nicht darüber gesprochen, wo und unter welchen Bedingungen sie gefangen gehalten wurde. «Sie hat mir nichts erzählt, ausser, dass sie gut behandelt wurde und dass es ihr sehr gut geht», sagte er anlässlich einer Pressekonferenz vor seinem Haus.

Die Gewissheit, dass Natalie ihren 18. Geburtstag nächste Woche zu Hause bei ihren Liebsten verbringen kann, sei wunderbar, so Raanan weiter. «Das ist die beste Nachricht.» Die vergangenen 13 Tage beschrieb er als die «schlimmste Situation». Er geht nun davon aus, dass Natalie und Judith auf dem Weg nach Tel Aviv sind, um sich dort mit ihren Verwandten zu treffen. Anfang nächster Woche sollen die beiden aber schon wieder in den USA sein.

Raanan ist sich bewusst, dass die kommende Zeit keine einfache sein wird. Ein solch traumatisches Ereignis verarbeitet man schliesslich nicht über Nacht. «Wir sind bereit, die vollständige Traumabewältigung zu machen. Wir alle, Freunde, Fremde und Menschen, die wollen, dass sie bei allem, was sie tun, Erfolg haben.»

Katar spielt wichtige Rolle bei Freilassung

Ein Sprecher des Aussenministeriums von Katar sagte, dass die Freilassung nach «vielen Tagen kontinuierlicher Kommunikation mit allen Parteien» stattgefunden habe. Die Gespräche mit Israel und Hamas würden zudem weitergeführt werden – in der Hoffnung, die «Freilassung aller zivilen Geiseln aller Nationalitäten» zu erzielen.

US-Aussenminister Antony Blinken (61) wich am späten Freitag Fragen von Journalisten zum Hamas-Büro in Katar aus. «Sie werden verstehen, dass wir uns bemühen, die Amerikaner, die zurzeit als Geiseln in Gaza sind, herauszuholen», so Blinken. «Ich kann nicht ins Detail gehen, was wir tun und wie wir es tun. Alles, was ich in Bezug auf Katar sagen kann, ist, dass wir in diesem Fall ihre Hilfe sehr zu schätzen wissen.»

US-Präsident Joe Biden (81) freute sich über die Freilassung. «Ich bin überglücklich, dass sie bald wieder mit ihrer Familie vereint sein werden, die von Angst gequält war», teilte er am Freitag in Washington mit. Er bedankte sich weitergehend bei den Regierungen Israels und Katars «für ihre Partnerschaft». (mrs/kes)

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