Die Polizei in Münster hat einen überregional vernetzten Ring von Pädokriminellen enttarnt. Sieben der Beschuldigten befinden sich in Untersuchungshaft. Darunter der Hauptbeschuldigte, ein 27-jähriger IT-Techniker aus Münster. Auch seine Mutter, die als Erzieherin in einem Kindergarten gearbeitet hat, sitzt derzeit in U-Haft.
Die Männer sollen in ihrer Gartenlaube mindestens drei Buben (fünf, zehn und zwölf Jahre) sexuell missbraucht haben, diese dann weitergereicht und sich bei ihren Taten gefilmt haben. Nun ist klar: Allein im Horror-Keller der Gartenlaube stellten die Ermittler 600 Terabyte (600 Millionen Megabyte) Videomaterial sicher!
Je nach der technischen Qualität des Materials würde ein Mensch mehr als 30 Jahre lang pausenlos schauen müssen, um alles zu sehen. Handelsübliche Computer für den Heimgebrauch haben Speicherplatten mit einer Grösse von 1 bis 3 Terabyte.
Programm kann Daten automatisch sichten
«Diese Datenmengen sind für Kriminaltechniker eine Herausforderung, wie sie noch nie da gewesen ist», sagt Kriminalist Christian Matzdorf zu «Bild» . «Mit dem herkömmlichen Mittel des Sichtens wird man hier nicht weiterkommen.»
Deshalb soll nun ein Programm entwickelt werden, das die Daten automatisch durchforstet. Matzdorf erklärt: «Diese künstliche Intelligenz muss angelernt und mit Material aus dem Fund gefüttert werden.»
«Film, auf dem sexuelle Handlungen schwerster Art begangen wurden»
Dass die Taten ans Licht kamen und der Pädophilen-Ring von der Polizei gesprengt werden konnte, ist das Ergebnis monatelanger Arbeit: 2018 hatte ein Unbekannter im Internet Dateien mit kinderpornografischem Inhalt angeboten. Die IP-Adresse führte zu einem landwirtschaftlichen Betrieb. Dort war der 27-jährige Hauptverdächtige als Systemadministrator tätig.
Anfangs Mai wurde seine Wohnung gestürmt. Nach fünf Tagen gelang es, seinen Laptop zu entschlüsseln. Auf der Festplatte waren unter anderem Dateien, die den Missbrauch eines Zehnjährigen zeigten — den Stiefsohn des 27-Jährigen.
Spitze des Eisbergs
Der IT-Experte wurde festgenommen, die Laube durchsucht. In einer Zwischendecke entdeckte man eine Videoanlage nebst weiteren Festplatten. «Wir fanden einen Film, auf dem sexuelle Handlungen schwerster Art begangen wurden», so der deutsche Ermittlungsleiter Joachim Poll.
Das bisherige Ermittlungsergebnis nach rund dreieinhalb Wochen sei wohl nur die Spitze des Eisbergs, sagte Poll. Die Ermittler hätten unfassbare Bilder sehen müssen. Münsters Polizeipräsident Rainer Furth sagte: «Selbst die erfahrensten Kriminalbeamten sind an die Grenzen des menschlich Erträglichen gestossen und weit darüber hinaus.»