Der Istanbuler Gouverneur hat die jährliche Schwulen-und Lesbenparade wegen Sicherheitsbedenken verboten. Aktivisten, die am Sonntag dennoch demonstrieren wollten, hielt die Polizei davon ab. Als verdächtig konnte schon gelten, wer ein Regenbogen-T-Shirt trug.
Die türkischen Behörden haben die 15. Schwulen- und Lesbenparade in der Metropole Istanbul mit einem hohen Polizeiaufgebot verhindert. Nach einem Verbot der Demonstration am Vortag hielten Sicherheitskräfte die Aktivisten am Sonntag davon ab, sich auf der zentralen Einkaufsstrasse Istiklal zu versammeln. Mehrere Personen, die dennoch Slogans skandierten, wurden festgenommen, wie ein dpa-Reporter berichtete. Die Polizei jagte die Demonstranten mit Gummischrot, wie Bilder zeigen.
Der Istanbuler Gouverneur hatte die Demonstration für die Gleichberechtigung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender und Intersexuellen (LGBTI) am Vortag das dritte Jahr in Folge verboten.
Die Behörden erklärten, die Massnahme gefährde die Sicherheit von Bürgern und Touristen sowie die öffentliche Ordnung. Die Aktivisten hatten dennoch angekündigt, sich gegen Abend im Zentrum Istanbuls zu versammeln.
Abgesperrt und aufgehalten
Die Polizei sperrte die zentrale Einkaufsstrasse Istiklal am Sonntag jedoch grossräumig ab und blockierte auch die Seitenstrassen. Aktivisten berichteten der Nachrichtenagentur dpa, sie seien aufgehalten worden, weil sie als etwa Regenbogen-T-Shirts trugen. Die Regenbogenfahne ist ein Symbol der Schwulen- und Lesbenbewegung.
Die Verhinderung des Gay-Pride-Marsches stiess auf scharfe Kritik. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International zeigte sich «tief beunruhigt» über das Verbot und rief die Türkei auf, es aufzuheben.
Statt Gay Pride zu verbieten solle der Staat die Parade schützen. Die Aktivisten und ihre Unterstützer hätten das Recht, sich friedlich zu versammeln. Der deutsche Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck erklärte, das Verbot sei ein klarer Verstoss gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Er forderte die deutsche Regierung zum Handeln auf.
Nicht verboten, aber ...
Die Parade zum Abschluss der Istanbuler «Pride Week» wird von Aktivisten seit mehr als zehn Jahren organisiert und wurde 2015 erstmals verboten. Damals verwies der Gouverneur der Stadt auf den für Muslime heiligen Monat Ramadan.
Dennoch gingen Tausende auf die Strasse. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas gegen friedliche Demonstranten ein. In diesem Jahr fiel die Parade mit dem grossen Fastenbrechen zum Ende des muslimischen Ramadan-Monats zusammen.
In sozialen Netzwerken machten türkische Nationalisten und Rechtsextremisten Stimmung gegen die Demonstration. In der Türkei herrscht seit dem gescheiterten Putschversuch gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan im vergangenen Juli der Ausnahmezustand.
Die mehrheitlich muslimischen Türkei gehört zu den wenigen Ländern in der Region, in denen Homosexualität nicht verboten ist. Allerdings kommt es immer wieder zu Übergriffen auf Schwule, Lesben, Bi- oder Transsexuelle. (SDA/nbb)