Dauer-Zoff mit der Kanzlerin, das Wahldebakel in Bayern, die Affäre um den Verfassungsschutz-Chef Maassen. Das alles will CSU-Chef Horst Seehofer (69) nun offenbar doch nicht mehr stoisch aussitzen. Am Montagmorgen verkündete er bei einer Pressekonferenz in Bautzen (Sachsen): Er trete als Partei-Chef ab. Innenminister will er aber trotz anders lautender Berichte bleiben: «Ich bin Innenminister und werde das Amt weiter ausüben.»
Am Sonntagabend hatte Seehofer seinen Rücktritt bereits bei einer CSU-Krisensitzung in München angekündigt: Wie die Nachrichtenagentur «dpa» aus Teilnehmerkreisen erfuhr, soll Anfang Januar 2019 auf einem Sonderparteitag sein Nachfolger an der Parteispitze gewählt werden. Offiziell ist das Datum jedoch noch nicht – dazu will sich Seehofer offenbar erst im Laufe der Woche äussern.
Auch seine politische Zukunft in der Bundespolitik stand auf dem Spiel. Denn Seehofer verknüpfte sein Amt als deutscher Innenminister mit dem Parteiamt. Doch eine offizielle Erklärung stand bis zum Morgen noch aus.
In der Partei selbst gab man sich nur eine Stunde vor Seehofers offizieller Erklärung entsprechend verhalten. «Wir können dazu nichts sagen. Tschüss», sagte ein Sprecher der CSU genervt auf die Frage, wann Seehofers offizielle Erklärung zu erwarten sei – und legte direkt auf.
Offenbar beugte sich Seehofer dem parteiinternen Druck. Die Parteispitze bat er laut Berichten um einige Tage Zeit, um seinen Rücktritt vorzubereiten. Nun folgte aber doch die schnelle Erklärung.
Seehofers Rücktritt ist auch für die GroKo wichtig
Nach Teilnehmern der Krisensitzung sagte Seehofer am Sonntag: «2019 wird das Jahr der Erneuerung für die CSU.» Ein neuer Parteichef soll auf einem Sonderparteitag im Januar gewählt werden. Einen konkreten Zeitpunkt, an dem er das Ministeramt abgeben will, nannte Seehofer nicht. Er habe aber deutlich gemacht, dass er ohne den Parteivorsitz auch nicht Innenminister bleiben wolle. Sein Argument war stets, dass ihm das Amt als CSU-Parteichef auch mehr Macht in der Bundesregierung verschaffe.
Nun also teilweise der Rücktritt vom Rücktritt. Für den bayerischen Politiker ist die Rücktrittsdrohung ein häufiges Mittel der Wahl, um seinen Willen durchzusetzen. Schon im Juli – auf dem Höhepunkt des Asyl-Zoffs mit der CDU – hatte er angekündigt, seine beiden Ämter aufgeben zu wollen. Daraus wurde nichts, Seehofer verschob den Rücktritt.
Für die Grosse Koalition aus CDU/CSU und SPD ist Seehofers Rücktrittsankündigung als Parteichef extrem wichtig. Denn: Der CSU-Parteichef sitzt mit am Koalitionsausschuss im Bund. Weil Angela Merkel ihr Amt als CDU-Parteivorsitzende im Dezember aufgibt, bekommen zwei von drei Koalitionspartnern eine neue Parteispitze. Das könnte die Karten in der Regierung neu mischen – und sorgt gleichzeitig für Unsicherheit, weil noch nicht klar ist, wer mit am Koalitionstisch sitzen wird.
Wer beerbt Seehofer?
Als mögliche Nachfolger an der CSU-Spitze werden der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder (51) sowie Manfred Weber (46), seit kurzem Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten, gehandelt. Weber sagte zu «Bild», dass er gleichzeitig EU-Kommissionspräsident und Vorsitzender der CSU sein könne.
Söder wiederum würde Seehofer bereits ein zweites Mal beerben: Er übernahm im Frühjahr bereits das Ministerpräsidentenamt von Seehofer. Nach dem Wahldesaster in Bayern, bei der die CSU ihre absolute Mehrheit verlor, führte er erfolgreiche Koalitionsverhandlungen mit den Freien Wählern und und wird heute Montag das neue Bayerische Kabinett vorstellen.