Den «Endkampf» hatte er angekündigt. Doch der Auftakt von Donald Trumps (77) Armageddon vor einem Gericht gestern in Floridas Strandmetropole Miami ist geplatzt. Statt der 50'000 Anhänger, die die Polizei erwartet hatte, sind nur ein paar wenige 100 Fans des Ex-Präsidenten aufmarschiert, um ihrem Idol zuzujubeln.
Auch drinnen im Gerichtssaal gab es für Trump wenig zu jubeln. Das an sich obligate Polizeifoto von vorne und von der Seite ersparte man dem Republikaner zwar (schliesslich würde er bei einer Flucht auch so von fast jedermann auf der Welt erkannt). Bei der Verlesung der Vorwürfe aber gabs keine Sonderbehandlung: In 37 Fällen wird Trump angeklagt, weil er geheime Nukleardokumente und Kriegspläne aus dem Weissen Haus entwendet und mit deren Besitz sogar noch geprahlt hatte. Als dann das FBI vor der Türe stand, behinderte er die Beamten bei ihrer Arbeit.
Nur Wahlsieg kann Trump jetzt noch retten
Schlimmstenfalls drohen Trump dafür 20 Jahre Haft. Seine einzige Rettung: die erneute Wahl zum Präsidenten, die ihm fast automatisch einen juristischen Persilschein in die Hände gäbe.
Auf der politischen Bühne siehts momentan noch ganz okay aus für Trump. Er ist noch immer der unangefochtene Star der Republikaner. Auch, weil ihm die meisten seiner parteiinternen Kontrahenten beim Präsidentschaftsrennen bislang die Stange halten. Kaum einer getraut sich, Trump in den Rücken zu fallen und es sich mit seinen Anhängern zu verscherzen.
Zudem wird die Öffentlichkeit wohl erst im Laufe des Prozesses wirklich verstehen, wie brandgefährlich Trumps fahrlässiger Umgang mit Amerikas grössten Staatsgeheimnissen war. Wann der Prozess losgeht, bleibt unklar.
Die magere Meute vor dem Gerichtssaal in Miami gestern zeigt aber schon jetzt: Trumps Schimmer droht rasch zu verblassen. Auch einstige Weggefährten scheinen die Nase voll zu haben von den immergleichen verschwörerischen Tiraden über die «faschistisch-marxistisch-kommunistischen» Feinde, die ihm nach der Freiheit trachten.
Sein Stabschef sagt: «Er macht sich vor Angst in die Hose»
Selbst die einst treuen Trump-Abnicker beim mächtigen Sender Fox-News haben Trumps Geleier satt. Ein Interview mit dem einstigen Liebling des Senders? Fehlanzeige. Statt auf der grossen Fox-Bühne musste er seinen Hass auf die Justiz gestern in zweitklassigen Radioshows und auf seinem mässig erfolgreichen Netzwerk «Truth Social» verkünden. Eine Schmach für den einstigen TV-Star.
Doch wo auch immer Trump seine verbalen Angriffe auf das Justizsystem platzieren wird, das ihn jetzt in seinen Fängen hat: Der Rechtsstaat wird sich nicht wegmobben lassen. Das unterscheidet ihn von allen Herausforderern, denen Trump in seinem Leben bislang gegenüberstand.
Das weiss der 77-Jährige insgeheim ganz genau. «Er macht sich vor Angst in die Hose», prophezeite sein einstiger Stabschef John Kelly (73) am Montag. Vielleicht «täubelet» Trump dieser Tage auch deshalb so schrill, weil ihm schwant, dass die Show bald zu Ende ist.