Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) sprach am Samstag beim Treffen mit seinen G20-Amtskollegen in Venedig von einem «grossen geschichtlichen Moment». «Die G20-Staaten haben sich jetzt hier darauf verständigt, dass sie eine neue Ordnung der internationalen Besteuerung miteinander vereinbaren wollen», sagte er. Am Ende der Minister-Debatte sei Szenenapplaus ausgebrochen.
Die Reform mit einer Mindeststeuer von 15 Prozent und einer neuen Verteilung der Besteuerungsrechte unter den Staaten soll 2023 in Kraft treten. Bis Oktober dieses Jahres sollten die letzten Fragen geklärt werden, dann sollen die Staatsoberhäupter der G20-Staaten zustimmen. Er sei sich «vollkommen sicher», dass ein Beschluss dort gelingen werde, sagte Scholz.
Auf Arbeitsebene haben bereits 131 Staaten weltweit den Plänen zugestimmt. Die Mindeststeuer von 15 Prozent soll verhindern, dass Unternehmen ihren Sitz in Niedrigsteuerländer verlagern und die Staaten ihre Unternehmensteuern im Wettbewerb gegeneinander immer weiter senken. Ausserdem sollen internationale Unternehmen künftig nicht nur in ihrem Heimatland Steuern zahlen, sondern auch da, wo sie gute Geschäfte machen. Das betrifft unter anderem grosse Digitalkonzerne, die bisher oft insgesamt nur wenig Steuern zahlen.
«Die Praxis, Steuerzahlungen zu vermeiden, indem man das Steuerzahlen in Steueroasen verlegt, die wird endgültig beendet», sagte Scholz. Zugleich bekämen die Staaten mehr Mittel zur Finanzierung ihres Gemeinwesen - und grosse, sehr profitable Unternehmen würden fairer besteuert.
Der Industrieverband BDI mahnte, der Mindeststeuersatz müsse sich an den von den USA ins Spiel gebrachten 15 Prozent orientieren. Zuvor hatten mehrere Länder, darunter Frankreich und auch Deutschland, durchblicken lassen, dass sie sich eigentlich einen höheren Mindestsatz wünschten. Der BDI mahnte zudem, die G20-Staaten sollten sich nun klar gegen zusätzliche nationale und europäische Digitalabgaben aussprechen, die zu Wettbewerbsnachteilen und Handelskonflikten führen könnten.
Auch US-Finanzministerin Janet Yellen mahnte ein Ende der europäischen Digitalsteuern an. Sie hoffe, dass die internationale Einigung auf eine Neuverteilung der Besteuerungsrechte es möglich mache, existierende Digitalabgaben loszuwerden, sagte sie in Venedig. Die USA seien der Meinung, dass diese Abgaben amerikanische Firmen diskriminierten.
(SDA)