Machen Sie sich keine Sorgen über Kalorien – bewegen Sie sich! So lautet die «wissenschaftlich fundierte» Lösung von Coca-Cola gegen Fettleibigkeit.
Der weltweit grösste Hersteller zuckerhaltiger Getränke hat sich mit einflussreichen Wissenschaftlern verbündet, welche die Botschaft über den sorglosen Karlorienkonsum nun in medizinischen Fachzeitschriften, auf Konferenzen und in Sozialen Medien verbreiten.
1,5 Mio Dollar im letzten Jahr
Und damit die Nachricht auch ordentlich streut, stellt Coca-Cola finanzielle und logistische Unterstützung zur Verfügung, schreibt die «New York Times».
Rund eineinhalb Millionen Dollar soll Coca-Cola der Non-Profit-Organisation Global Energy Balance Network (GEBN) alleine im letzten Jahr überwiesen haben. Auch die Homepage von GEBN ist auf Coca-Cola registriert und wird vom Getränkeriesen verwaltet.
GEBN kolportiert die Meldung, dass gesundheitsbewusste Amerikaner sich zu sehr auf Getränke und Essen konzentrieren. Sattdessen täten sie gut daran, der Bewegung mehr Beachtung zu schenken.
«Der Schwerpunkt in den Massenmedien und in der Fachpresse ist: ‹Sie essen zu viel, essen zu viel, essen zu viel!› - Schuld haben immer Fast-Food, zuckerhaltige Getränke und so weiter», sagt Steven Blair, Wissenschaftler und Vizepräsident von GEBN, in einem kürzlich veröffentlichten Video der Organisation. «Und es gibt keine wirklich überzeugenden Beweise dafür, dass das die Ursache ist.»
GEBN-Chef verteidigt Verhalten
Gesundheitsexperten bezeichnen diese Meldung als irreführend. Sie sei Teil von Coca-Colas Bemühungen, von der Rolle zuckerhaltiger Getränke bei der Zunahme von Fettleibigkeit abzulenken. Der Getränkeriese missbrauche die Non-Profit-Organisation für seine Zwecke.
Davon will James Hill, Präsident der Organisation, nichts wissen. GEBN sei unabhängig, versichert er. Die Firmenhomepage liefe nur deshalb über Coca-Cola, weil bei GEBN niemand wisse, wie man das mache.
Dass die Lebensmittelindustrie mit finanzieller Unterstützung versucht Studien zu lenken, steht nicht zum ersten Mal im Raum.
Kardiologe Aseem Malhorta, ein ausgesprochener Kritiker der Lebensmittelindustrie, hat dieses Jahr im «British Journal of Sports Medicine» eine Studie veröffentlicht, die genau das Gegenteil von dem sagt, was GEBN und Coca-Cola jetzt verbreiten.
Verbindung zu Tabak-Industrie
Laut Malhorta ist eine schlechte Ernährung viel eher Ursache für Übergewicht als Bewegungsmangel. Er weist darauf hin, dass die Fettleibigkeit in den letzten 30 Jahren sprunghaft angestiegen ist – das Bewegungsverhalten der Menschen sich aber kaum verändert hat.
Malhorta ist einer von vielen Akademikern die kritisieren, dass Lebensmittelhersteller und Softdrink-Produzenten die Information verbreiten, Bewegung könne Menschen vor der Fettleibigkeit bewahren.
Was für verheerende Folgen die Verbreitung solcher Falschmeldungen haben könnte, zeige die Vergangenheit: Die Werbemassnahmen der Food-Industrie hätten «erschreckende Ähnlichkeit» mit jenen der Tabak-Industrie. (mad)