Nach mehr als fünfjährigen Verhandlungen erzielten Deutschland und Namibia eine «Einigung über den gemeinsamen Umgang mit dem dunkelsten Kapitel unserer gemeinsamen Geschichte», wie Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) am Freitag mitteilte. Als «Geste der Anerkennung des unermesslichen Leids» werde Deutschland Wiederaufbauhilfen in Milliardenhöhe zahlen.
Ziel der Verhandlungen sei es gewesen, «einen gemeinsamen Weg zu echter Versöhnung im Angedenken der Opfer zu finden», erklärte Maas. Dazu gehöre, die Ereignisse der deutschen Kolonialzeit im heutigen Namibia und insbesondere die Gräueltaten in der Zeit von 1904 bis 1908 «ohne Schonung und Beschönigung» zu benennen. «Wir werden diese Ereignisse jetzt auch offiziell als das bezeichnen, was sie aus heutiger Perspektive waren: ein Völkermord», erklärte Maas.
1,1 Milliarden Euro zum Wiederaufbau
Deutschland werde Namibia und die Nachfahren der Opfer des Völkermords mit einem «substanziellen Programm in Höhe von 1,1 Milliarden Euro zum Wiederaufbau und zur Entwicklung» unterstützen, kündigte Maas weiter an. Bei der Gestaltung und Umsetzung des Programms würden die vom Völkermord betroffenen Gemeinschaften eine entscheidende Rolle einnehmen. Vertreter der Herero und Nama seien auf namibischer Seite auch eng in den Verhandlungsprozess eingebunden gewesen.
Deutsche Kolonialherrschaft von 1884 bis 1915
Namibia - damals Deutsch-Südwestafrika - war von 1884 bis 1915 deutsche Kolonie. Zwischen 1904 und 1908 wurden unter der deutschen Kolonialherrschaft zehntausende Angehörige der Volksgruppen Herero und Nama von Truppen des deutschen Kaiserreichs getötet. Historiker sprechen vom ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts.
Die Verhandlungen Namibias und Deutschlands über die Aufarbeitung der Kolonialverbrechen hatten 2015 begonnen, Verhandlungsführer der deutschen Seite war der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Ruprecht Polenz.
(AFP)