MH17-Absturz nur die Spitze des Eisbergs
Mit was Putin alles durchkommt

Die Eskalationsspirale dreht sich weiter: Die Untersuchungsergebnisse zum MH17-Absturz belasten die gespannten Beziehungen zwischen dem Westen und Russland schwer.
Publiziert: 29.09.2016 um 22:39 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 13:15 Uhr
Provokation nach Provokation: Wladimir Putin (63).
Foto: Keystone
Gregory Remez

Die Indizien sind erdrückend. Nach über zweijährigen Ermittlungen zum MH17-Absturz über der Ostukraine ist das internationale Joint Investigation Team überzeugt: Die Spur führt zu den prorussischen Rebellen – und nach Russland selbst. Die unzähligen Telefonmitschnitte und Videoaufnahmen lassen kaum mehr einen Zweifel zu, dass sich die Verantwortlichen für den Tod von 298 Passagieren irgendwo auf russischem Boden befinden.

Ursache geklärt: Die MH17-Maschine wurde von prorussischem Gebiet aus mit einem Buk-Luftabwehrsystem der russischen Streitkräfte abgeschossen.
Foto: Keystone

Noch ist unklar, ob die malaysische Maschine gezielt vom Himmel geholt wurde oder ob es dafür einen Befehl gab; einige der abgehörten Telefongespräche lassen zumindest den Schluss zu, dass es ein «Versehen» gewesen sein könnte. Nichtsdestotrotz deutet das Verhalten Russlands darauf hin, dass man etwas zu verbergen hat. Im vergangenen Sommer verhinderte Moskau mit einem Veto die Einsetzung eines Sondertribunals für MH17. Statt mit den Ermittlern zu kooperieren, rührte Moskau lieber die Propagandatrommel.

Die auch sonst schon angespannten Beziehungen zwischen dem Westen und Russland werden durch die Untersuchungsergebnisse nun weiter strapaziert – zumal der russische Staatschef Wladimir Putin (63) immer unberechenbarer wird. 

- An der Seite der syrischen Truppen bomben Putins Luftstreitkräfte derzeit die einstige Handelsmetropole Aleppo in Schutt und Asche. Zuletzt flog man gar gezielt Angriffe auf die kürzlich ausgezeichnete Hilfsorganisation Weisshelme, die Zivilisten aus Trümmern rettet.

Im Visier von Assad und Putin: Hilfsorganisation Weisshelme in Aleppo.
Foto: Keystone

- Gegen Oppositionelle im eigenen Land geht Putin mit eiserner Hand vor. Menschen, die ihre Stimmen gegen das Regime erheben – egal ob Zivilisten, Journalisten oder Aktivisten –, müssen generell um ihr Leben fürchten.

- Der Demokratieabbau schreitet unter Putin langsam, aber beständig voran. Gleichzeitig steht Land nach dem Kollaps des Ölpreises wirtschaftlich so schwach da wie seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion nicht mehr.

- Im Ukraine-Konflikt fährt Putin seinen aggressiven Kurs fort, lässt sich von ukrainischen Nationalisten immer wieder unnötig provozieren. Vor allem darauf ist es zurückzuführen, dass die Kämpfe im Osten des Landes auch fast drei Jahre nach dem Ausbruch der Maidan-Proteste andauern.

Säbelrasseln an der Nato-Grenze: Russisches Armeefernsehen zeigt Bombeneinschläge, nur wenige Kilometer von der Grenze zu Estland entfernt.
Foto: Screenshot

- Im Sommer liess Putin Grossmanöver an der nordwestlichen Grenze Russlands durchführen – begleitet von martialischer Rhetorik gegen die Nato. Damit machte er sich nicht nicht nur im Baltikum, sondern in ganz Osteuropa Feinde.

Trotz alldem sitzt der Kreml-Chef fester im Sattel denn je. Vor eineinhalb Wochen gewann Putins Partei Einiges Russland die Wahlen in die Staatsduma klar. Sie konnte ihre Dominanz gar ausbauen und verfügt nun über genug Sitze, um die Verfassung zu ändern. Die Tatsache, dass Putin sein zunehmend autoritäres Regime durch aussenpolitischen Abenteuer zu legitimieren versucht, wird im wirtschaftlich gebeutelten Russland gerne übersehen – oder totgeschwiegen. 

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