Merkel zeigt Härte gegen afghanische Flüchtlinge
Abschied von der Willkommenskultur

Kurz vor ihrem Abtritt als Kanzlerin schlägt Angela Merkel nochmals harte Töne an. Sie fordert afghanische Flüchtlinge auf, nicht nach Deutschland zu kommen. Vor sechs Jahren hatte sie ihre Arme für Migranten noch weit ausgebreitet.
Publiziert: 23.07.2021 um 19:42 Uhr
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An ihrer Sommer-Pressekonferenz äusserte sich Angela Merkel zur Flüchtlingsfrage.
Foto: imago images/Political-Moments
Guido Felder

Mit Merkels Credo «Wir schaffen das» ist es definitiv vorbei. Die deutsche Kanzlerin schlägt nach ihrer Willkommenspolitik von 2015 einen harten Ton an. Vor den Medien forderte sie diese Woche Afghanen indirekt auf, in ihrem Land zu bleiben.

«Wir haben schon sehr viele afghanische Flüchtlinge aufgenommen», sagte Angela Merkel (CDU, 67). «Wir müssen anders an die Sache herangehen.» Deutschland könne nicht alles kompensieren, «was in Afghanistan an Schwierigem passiert». Und weiter: «Nicht alle diese Probleme können wir dadurch lösen, dass wir die Menschen aufnehmen.»

In Afghanistan warten Millionen von Menschen darauf, sich aus Angst vor den Taliban auf die Reise nach Europa zu begeben. Die Terroristengruppe ist auf dem Vormarsch, seit die USA den Rückzug ihrer Truppen angekündigt haben.

Babys nach Merkel benannt

2015 hatte Merkel über eine Million Migranten noch mit offenen Armen empfangen. Menschen, die nach Europa wollten, hatten nur ein Ziel: Deutschland, allenfalls noch das ebenfalls offene Schweden. Mehrere syrische Eltern nannten sogar ihre Neugeborenen aus Dankbarkeit Angela Merkel.

Viele Migranten schickten Selfies von sich und Merkel in ihre Heimat, was den Zustrom noch intensivierte. Bis 2019 hatten in Deutschland 1,7 Millionen Personen Asyl beantragt. Fast 560'000 stammten aus Syrien – auf Rang zwei folgten die Afghanen mit knapp 200'000 Anträgen.

Die grosse Immigration innert kurzer Zeit führte aber zu Problemen. Die Kriminalitätsbelastung stieg vorübergehend spürbar an. Unvergessen ist zum Beispiel die Silvesternacht von 2015, als es beim Kölner Dom zu Diebstählen und Hunderten von Übergriffen an Frauen durch Migranten kam.

«Politische Kultur beschädigt»

An der Pressekonferenz diese Woche machte die Kanzlerin klar, dass sich solche Zustände nicht wiederholen dürften. In der «Bild»-Zeitung sagt der FDP-Abgeordnete Alexander Graf Lambsdorff (54): «Endlich sagt es die Kanzlerin mal so klar: Migration kann nur geordnet laufen.» Merkels Flüchtlingspolitik von 2015 habe die politische Kultur beschädigt und die rechte AfD erst stark gemacht. Lambsdorff: «Die Kanzlerin lässt jetzt eine gewisse Einsicht erkennen, leider zu spät.»

Die deutsche Kanzlerin tritt bei den Wahlen am 26. September nicht mehr an. Sie war 16 Jahre im Amt. Mit ihren klaren Worten zum Thema Flüchtlinge hat sie zu einem harten Schlussspurt angesetzt.

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