Meral Aksener ist die einzige Gegenkandidatin
«Die Wölfin» wird für Erdogan zur echten Gefahr

Nachdem der türkische Präsident Erdogan die Wahlen um eineinhalb Jahre vorgezogen hat, werden auch seine Gegner aktiv. Seine bislang einzige Gegenkandidatin hat es faustdick hinter den Ohren.
Publiziert: 24.04.2018 um 11:58 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 16:01 Uhr
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Meral Aksener (61) ist die bislang einzige Herausforderin von Erdogan.
Foto: AP
Roman Rey

Meral Aksener (61) ist strenggläubig, steht aber für die Trennung von Religion und Staat. Die Muslimin ist nationalistisch, setzt sich aber für eine pro-westliche Türkei ein. Ihre Anhänger nennen sie Asana, nach einer mythischen Wölfin – und sie könnte Recep Tayyip Erdogans (64) grösster Albtraum werden. Aksener ist seine erste und bislang einzige Gegenkandidatin an den bevorstehenden Wahlen. 

Aksener gilt als Kämpferin. In der Türkei erzählt man sich, dass sie zu ihrer Studienzeit mit anderen Nationalisten regelmässig linke Kommilitonen verprügelte. Als ihr bei einer Kundgebung gegen Erdogans Verfassungsreform der Strom abgedreht wurde, machte sie mit einem Megafon weiter, während ihre Anhänger mit ihren Handys Licht spendeten.

Dabei steht sie politisch gar nicht so weit von Erdogan entfernt. Sie ist patriotisch, konservativ und religiös – und vertritt eine strenge anti-kurdische Position. Das Online-Magazin «Politico» bezeichnete die Frau, die sich gerne eine Landesflagge auf die Hand malen lässt und auch ab und zu mit Kopftuch auftritt, gar als «Marine Le Pen der Türkei».

Krach wegen Erdogans Reform

Zum Zerwürfnis mit Erdogan kam es, als dieser im April 2017 seine umstrittene Verfassungsreform durchsetzte, die ihm mehr Macht verschaffte. Die Wölfin war entschieden dagegen – und musste schliesslich die ultrarechte Partei MHP verlassen, die mit Erdogans AKP verbündet ist.

Letzten Oktober gründete Aksener schliesslich ihre eigene Partei IYI (Gute Partei) und kündigte an, gegen Erdogan anzutreten. «Die türkische Demokratie ist in Gefahr», begründete sie ihre Kandidatur. Die einstige Hardlinerin will einen pragmatischen Kurs fahren und so eine breite Masse an Menschen erreichen. «Anstatt allein auf Nationalismus setzt Meral Aksener bewusst auf einen Zentralismus, der versucht, liberale und konservative Werte miteinzubeziehen», erklärte der Journalist Hüseyin Sengül im Deutschlandfunk.

Schützenhilfe von den Sozialdemokraten

Um ein Haar hätte Erdogan sie gestoppt. Letzte Woche verkündete er, die Neuwahlen um eineinhalb Jahre vorzuziehen und schon kommenden Juni durchzuführen. Laut Experten nicht zuletzt deshalb, um Aksener auszubooten. Denn nun stand ihre Kandidatur auf der Kippe.

Im letzten Moment erhielt die Wölfin Schützenhilfe von links. Am Wochenende wechselten kurzfristig 15 Abgeordnete der sozialdemokratischen CHP zu Akseners Partei. Nun erreicht ihre Fraktion die gesetzliche Mindestanzahl von 20 Mitgliedern, um an der Wahl teilnehmen zu dürfen.

Das Manöver zeigt: Die Erdogan-Gegner setzen auf die Wölfin. Denn wenn Erdogan nicht auf Anhieb die Hälfte der Stimmen bekommt und in die Stichwahl muss, muss er zittern – und genau diese Stimmen könnte ihm die Wölfin abluchsen.

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