Zahlreiche Menschen wollten am Montagnachmittag (Ortszeit) ihre Einkäufe erledigen. Doch dann stürmt ein bewaffneter Mann den «King Soopers»-Supermarkt in Boulder im US-Bundesstaat Colorado. Es folgen Dutzende Schüsse. Zehn Menschen sterben im Kugelhagel.
Die Polizei von Boulder twitterte, dass sich ein Schütze im «King Soopers»-Supermarkt im Süden der Stadt befinde. Sie rief dazu auf, die Gegend zu meiden. Der Supermarkt ist Teil eines grossen Einkaufszentrums. Zahlreiche Personen befanden sich im Geschäft, als die Schüsse fielen.
Getöteter Polizist hatte sieben Kinder
Es folgte ein Grossaufgebot der Polizei. Das Gebäude wurde umstellt und gestürmt. Auch das FBI rückte an. Nach und nach wurden zahlreiche Personen von der Polizei aus dem Gebäude geführt. Ein Zeuge berichtet, er habe mehrere Verletzte am Boden liegen sehen.
Die Polizei bestätigt zunächst, dass es «mehrere Tote» zu beklagen gibt. Am Abend dann die Gewissheit: Insgesamt zehn Menschen haben bei der Attacke auf den Supermarkt ihr Leben verloren. Unter den Toten ist laut offiziellen Angaben auch ein örtlicher Polizist. Es handelt sich um Eric Talley (†51), der als erster Beamter am Tatort eintraf. Sein Einsatz sei «heldenhaft» gewesen.
Wie der TV-Sender Kusa berichtet, hinterlässt Talley sieben Kinder und eine Ehefrau. Das älteste Kind sei 20 Jahre alt, sagt Talleys Vater Homer Talley. Es habe ihn nicht verwundert, dass sein Sohn als Erster am Tatort gewesen sei. «Er hat seine Familie über alles geliebt.»
Motiv unklar
Der Schütze konnte vor Ort verhaftet werden. Der Polizeichef von Boulder, Kerry Yamaguchi, bestätigt bereits am Montag: «Wir haben einen Verdächtigen in Gewahrsam genommen, diese Person wurde während des Vorfalls verletzt, und wird derzeit behandelt.» Zum Motiv machte die Polizei mit Verweis auf das frühe Stadium der Ermittlungen keine Angaben.
Die Polizei konnte den mutmasslichen Angreifer identifizieren. Es handelt sich um den 21-jährigen Ahmad Alissa aus dem rund 30 Kilometer von Boulder entfernten Arvada, wie sie an einer Pressekonferenz am Dienstag bekanntgibt. Alissa soll wegen zehnfachen Mordes angeklagt werden. Seine Opfer waren zwischen 20 und 59 Jahre alt.
Auf dem Handy-Video eines Augenzeugen sind zahlreiche Schüsse zu hören. Wie Helikopter-Aufnahmen des lokalen TV-Senders KMGH und das Augenzeugenvideo zeigen, führten Polizisten einen halbnackten Verletzten vom Tatort ab. Die Bilder machen den Anschein, als wäre der Mann mit Handschellen gefesselt. Ob es sich dabei um den Schützen handelt, ist bisher nicht bestätigt. Der Mann wurde mit einer Ambulanz weggebracht.
«Ich habe nichts gesehen. Ich bin einfach nur gerannt»
Einer der Kunden, die zum Zeitpunkt des Anschlags im Supermarkt waren, ist Andrew Hummel. «Ich hörte einen lauten Knall, worauf alle ans hintere Ende des Ladens gerannt sind», erzählt Hummel gegenüber KMGH. «Ich habe nichts gesehen. Ich habe es nur gehört. Und ich bin einfach nur gerannt. Ich wollte einfach nur weg von da.» Was da im Supermarkt passiert sei, sei ein «entsetzliches Erlebnis» gewesen.
Auch das frisch verheiratete Paar Neven and Qinlyn Sloan war gerade beim Einkaufen, als es knallte. Er habe gedacht, das sei komisch, sagt Neven. Aber er sei sich nicht sicher gewesen, ob es sich wirklich um einen Schuss gehandelt habe. Dann nach etwa drei Sekunden wieder: «Peng, peng, peng, peng, peng.» Er sei sofort zu seiner Frau gerannt. «‹Hey, wir müssen hier weg!› Dann entkamen wir über den Notausgang.»
Im Schnitt 109 Schusswaffentote pro Tag
In den USA kommt es immer wieder zu tödlichen Angriffen mit Waffen, die dort leicht erhältlich sind. Die Gesundheitsbehörde CDC verzeichnet in ihrer jüngsten Statistik aus dem Jahr 2018 insgesamt 39'740 Schusswaffentote in den USA – also im Schnitt 109 Tote pro Tag.
Erst vergangenen Dienstag wurden acht Menschen in drei verschiedenen Massagesalons im südlichen Bundesstaat Georgia innerhalb kurzer Zeit getötet. Sechs von ihnen hatten einen asiatischen Hintergrund, sieben Opfer waren Frauen. Als Motiv für die brutalen Angriffe nannte der weisse Tatverdächtige Sexsucht und das Ziel, die «Versuchung» durch Massagesalons ausmerzen zu wollen. Die Bluttat löste eine Debatte über zunehmende Diskriminierung und Anfeindung asiatischstämmiger Amerikaner aus. (euc/noo)