Nach Londoner U-Bahn-Anschlag
Polizei nimmt 18-Jährigen in Dover fest

In der Londoner U-Bahn kam es am Freitagmorgen zu einer Explosion. Dabei wurden mindestens 30 Personen verletzt. Am Abend reklamierte die Terrormiliz «Islamischer Staat» den Anschlag für sich. Die Terror-Warnstufe im Land wurde wieder erhöht. Zunächst fehlte jede Spur vom Täter. Nun wurde ein junger Verdächtiger (18) in Dover festgenommen.
Publiziert: 15.09.2017 um 09:57 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 06:55 Uhr

Panik in der Londoner U-Bahn: Bei der Haltestelle Parsons Green kam es zu einer Explosion in einem vollbesetzten Waggon. Ein selbst gebauter Sprengsatz wurde dort am Freitag gegen 8.20 Uhr im morgendlichen Berufsverkehr gezündet. Offenbar wurde die Detonation mit einem Zeitzünder ausgelöst. Unklar ist, wie die Bombe in den Zug gelangte.

Zunächst fehlte jede Spur vom Täter. Nun meldet die Polizei eine erste Festnahme. Der Verdächtige (18) wurde im Hafen von Dover geschnappt. Weitere Details über die Verhaftung gibt es derzeit nicht. Dover liegt gut eine Stunde von London entfernt. Dover liegt am Ärmelkanal. Von dort starten Fähren und Züge nach Frankreich

Die Polizei sprach von einer «bedeutenden Festnahme». Nach dem Anschlag vom Freitag war eine Grossfahndung eingeleitet worden. Die Polizeipräsenz wurde in ganz Grossbritannien stark erhöht.  Von der Bevölkerung gingen 77 Bilder und Videos ein, um die Ermittlungen zu unterstützten, schreibt die Polizei in einer Mitteilung.

30 Personen wurden bei der Explosion verletzt. 18 Menschen mussten mit Krankenwagen ins Spital gebracht werden, vier weitere begaben sich selbst in ärztliche Behandlung. Keiner der Verletzten soll aber in einer ernsten oder lebensgefährlichen Lage.

Erste Ermittlungen zeigen: Offenbar wurde ein weisser Plastik-Eimer in einer Lidl-Kühltasche in der Bahn deponiert. Die britische Polizei geht mittlerweile von einem Terror-Anschlag aus. Die weiteren Hintergründe der Explosion sind aber noch völlig unklar. Am Freitagabend veröffentlichte die Terror-Miliz Islamischer Staat (IS) über deren Propaganda-Organ «Amaq» eine Bekenner-Botschaft, wonach die Islamisten den Anschlag für sich reklamieren.

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In der Londoner U-Bahn kam es am Freitagmorgen zu einer Explosion in einem vollbesetzten Wagen.
Foto: AFP

Die Passagiere im Zug hatten offenbar grosses Glück, denn: Laut Frank Gardner, Sicherheits-Experte bei der BBC, hätte der Anschlag «noch viel schlimmer» ausgehen können. Die Detonation ist wohl teilweise missglückt.

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Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren. Hunderte Beamte seien damit beschäftigt, Videomaterial und andere Beweismittel auszuwerten, teilte der Chef der Londoner Anti-Terror-Einheit, Mark Rowley, mit.

Der deutsche Supermarkt-Konzern Lidl zeigt sich entsetzt über den Anschlag. «Wir sind geschockt und entsetzt über den heutigen Vorfall bei Parsons Green. Natürlich werden wir die Ermittlungen unterstützen, sobald unsere Hilfe gebraucht wird», heisst es in einer Stellungnahme des Unternehmens.

«Heisser Feuerball»

«Ich hörte einen lauten Knall von den Türen», berichtet ein am Kopf verletzter Augenzeuge. «Es war ein heisser Feuerball, der meinen Kopf verbrannte. Alle sind einfach nur weggelaufen, es war furchtbar. Schiere Panik brach da aus. Jeder ist aus dem Zug gesprungen. Viele stehen unter Schock, haben Verletzungen im Gesicht, Verbrennungen und Schnitte.»

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Augenzeugen berichteten nach der Explosion von panikartigen Zuständen. «Wir liefen die Treppen runter, und es hat sich angefühlt, als würden wir um unser Leben laufen», sagte ein Mann am Freitag dem Sender BBC5.

Eine Frau schilderte: «Nach einer Weile stapelten sich die Menschen übereinander, weil einige beim Laufen hingefallen waren.» Andere Zeugen sprachen von einer «Flammenwand» in dem U-Bahn-Wagen.

«Da waren Mütter mit ihren Babys. Es war kurz vor Schulbeginn. Ich bin total geschockt, es ist sonst eine ruhige, familienfreundliche Gegend», sagt eine weitere Augenzeugin.

Manche Passagiere sprinteten fluchtartig aus der Station, andere rannten über die Gleise. Einfach nur weg. Nicole Linnell (29) beschreibt den Moment der Flucht: «Es war einfach nur furchtbar. Auf den Gleisen laufen ist das Letzte, was man machen möchte.»

Krisensitzung einberufen

Premierministerin Theresa May bekundet per Twitter den Verletzten und den Rettungskräfte ihre Unterstützung. Ausserdem wurde der nationale Krisenstab zu einer Sitzung einberufen und im ganzen Land die höchste Terror-Warnstufe «kritisch» verhängt.

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Der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan reagierte ebenfalls schockiert auf die Bluttat. «Unsere Stadt verurteilt die widerwärtigen Individuen, die mit Terror versuchen, uns zu schaden und unsere Lebensweise zu zerstören», schrieb er. Aussenminister Boris Johnson rief die Briten zudem auf, Ruhe zu bewahren.

Trump wettert gegen Scotland Yard

US-Präsident Donald Trump verurteilt den Anschlag in London ebenfalls stark. Er schreibt per Twitter: «Ein weiterer Anschlag von einem Versager-Terroristen.» Gleichzeitig macht Trump der britischen Polizei schwere Vorwürfe. «Diese kranken und verrückten Personen waren direkt vor der Nase von Scotland Yard! Ihr müsst vorher handeln!»

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Damit nicht genug. Es folgt eine regelrechte Twitter-Salve. Trump nutzt den Anschlag in London für seine Politik. Er fordert härtere Einreiseverbote und lobt seine bisherige Arbeit als Präsident. «Wir haben schon mehr im Kampf gegen den IS erreicht als die Obama-Regierung in den ganzen acht Jahren zuvor. Man muss vorher handeln und hart durchgreifen!»

Zum Schluss weist Trump noch auf die Gefahren des Internets hin. Hier würden die Terroristen neue Mitglieder finden und sich kurzschliessen. «Das Internet ist ihr Hauptanwerbungswerkzeug, das wir ausschalten und besser nutzen müssen.»

Ein Polizist spricht mit Passanten in der Nähe der U-Bahn-Station Parsons Green in London.
Foto: Reuters/Kevin Coombs

Vierter Anschlag in London

Es war bereits der vierte Terroranschlag in diesem Jahr in der britischen Hauptstadt und der fünfte in Grossbritannien. Ende März hatte ein Attentäter im Zentrum Londons fünf Menschen getötet. Am 22. Mai riss ein Selbstmordattentäter bei einem Pop-Konzert der US-Sängerin Ariana Grande in Manchester 22 Menschen mit in den Tod.

Im Juni rasten drei Angreifer auf der London Bridge mit einem Lieferwagen in eine Menschenmenge. Anschliessend stachen sie in einem angrenzenden Ausgehviertel wahllos auf Menschen ein. Sie töteten sieben Menschen und verletzten 48 weitere, bevor sie von der Polizei erschossen wurden.

Ende August griff ein Mann vor dem Buckingham-Palast Polizisten mit einem Schwert, drei Beamte wurden leicht verletzt. (jmh/SDA)

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