Mega-Korruptionsfall
Schweizer Whistleblower in Thailand verhaftet

Xavier Justo soll brisante Daten an eine britische Enthüllungsplattform weitergeleitet haben und sitzt jetzt in Bangkok hinter Gittern. Ist der Schweizer ein gieriger Erpresser - oder half er eine gigantische Korruptionsaffäre in Südostasien aufzudecken?
Publiziert: 24.06.2015 um 13:24 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2018 um 23:27 Uhr
Der Schweizer Manager Xavier Justo nach seiner Festnahme in Thailand.
Foto: Royal Thai Police
Von Melchior Poppe

Die thailändische Polizei hat den Schweizer Manager Xavier Andre Justo in einem Haus auf der Insel Koh Samui festgenommen. Zugleich beschlagnahmten die Beamten angeblich mehrere Computer, Festplatten und weitere Speichermedien des 49-Jährigen.

Justos früherer Arbeitgeber, der Energieinvestor PetroSaudi International (PSI), hatte den IT-Fachmann angeblich wegen «vorschriftswidrigen Verhaltens» entlassen. Obwohl er eine Abfindung von knapp vier Millionen Franken erhalten habe, soll er vertrauliche Daten der Firma mitgenommen, manipuliert und PSI zwei Jahre später um weitere 2,5 Millionen Franken erpresst haben, schreibt die Firma in einer Mitteilung.

Der Schweizer streitet die Vorwürfe ab, sagte ein Sprecher der Polizei in Bangkok, wo Justo jetzt in Untersuchungshaft sitzt. Offenbar hat er jedoch brisante Informationen an die «Sunday Times» sowie die Betreiber der Enthüllungsplattform «Sarawak Report» weitergeleitet. Die beiden britischen Medien nennen ihre Quelle nicht beim Namen. Gegenüber Blick.ch sagte jedoch die Chefin von «Sarawak Report», Clare Rewcastle, sie habe ihrem Informanten Anonymität zugesichert und könne ihn «auf Grund aktueller Vorfälle derzeit nicht fragen, ob er mit der Nennung seines Namens einverstanden wäre».

Wollte Justos die Korruption bekämpfen?

«Sarawak Report» hat sich zudem mit einem offenen Brief an das Schweizer Aussenministerium gewandt. Darin verurteilt Rewcastle das Vorgehen der thailändischen Polizei als gesetzeswidrig. PSI habe die Behörden entweder bestochen oder absichtlich in die Irre geführt, um sich an einem kritischen Mitarbeiter zu rächen und in den Besitz von Justos Datensammlung zu kommen. Sie fordert die Schweiz auf, sich für eine Freilassung Justos und die Rückgabe der beschlagnahmten Rechner einzusetzen.

«Sarawak Report» hatte (mit Justos Hilfe?) mehrere Berichte über einen gigantischen Korruptionsfall in Malaysia veröffentlicht, in den auch der malaysische Premierminister Najib Razak verwickelt sein soll. Dabei geht es um ein PSI-Geschäft mit dem malaysischen Investmentfonds 1Malaysia Development Berhad (1MDB), in dem Razak Chef des Aufsichtsrates ist. Der Investor Jho Low, Freund des Stiefsohns von Razak, soll den Deal 2009 eingefädelt und dabei 700 Millionen US-Dollar auf sein Konto abgezweigt haben. Insgesamt sind laut «Sarawak Report» zwei Milliarden US-Dollar veschwunden. Razak sieht sich wegen der Korruptionsaffäre in seiner Heimat schon seit langem heftiger Kritik ausgesetzt.

Schweizer Behörden waren bereits informiert

PSI hat seinen Sitz in der Schweiz und in Grossbritannien. Deshalb hatte sich «Sarawak Report» bereits vor der Festnahme ihres mutmasslichen Informanten an die Schweizer Behörden gewandt und um Aufklärung der Vorwürfe gebeten. Die Behörden hätten jedoch mitgeteilt, die vorgelegten Beweise seien für die Aufnahme von Ermittlungen nicht ausreichend.

«Sarawak Report» weist nun erneut darauf hin, dass die in diesem Zusammenhang verübten Finanzverbrechen auch zwei Schweizer Banken (BSI und RBS Coutts Zurich) betreffen würden. Malaysische Behörden hätten bereits Kontakt zu ihren Kollegen in der Schweiz aufgenommen. Es seien aber auch diesbezüglich keine Ermittlungen aufgenommen worden.

Auch der Bruno Manser Fonds hatte im Dezember 2014 auf dubiose Geldtransfers über Konten in der Schweiz aufmerksam gemacht. Seine Anzeige wegen Geldwäscherei und anderer Delikte wurde von den Schweizer Behörden mit einer «Nichtanhandnahmeverfügung» ebenfalls abgewiesen. (pom)

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