Das durch einen Assozierungsvertrag mit Neuseeland verbundene Niue ist eine der kleinsten selbstregierten Nationen der Welt. Auf der Insel zwischen Fidschi und den Cookinseln leben nur 1700 Menschen. Der Artenreichtum in den Gewässern rund um Niue mit ihren Korallenriffen und Unterwasser-Gebirgen ist dafür umso grösser. Sie bieten unter anderem Haien, Delfinen und Meeresschildkröten einen Lebensraum.
Diese Ökosysteme sind bedroht durch illegale Fischerei, Umweltverschmutzung und den Klimawandel. Das kleine Niue wirbt daher schon seit Jahren auf internationaler Bühne um Unterstützung für den Schutz seiner wertvollen Meeresgebiete.
«Wir haben unsere Geschichte schon so lange auf Konferenzen erzählt, aber es schien, als führte das zu nichts», sagte Niues Regierungschef Dalton Tagelagi vergangene Woche am Rande der Uno-Generaldebatte in New York der Nachrichtenagentur AFP. Er hat die internationalen Treffen als «Redeveranstaltungen ohne Massnahmen» erlebt und versucht es daher nun auf andere Weise.
Die 40 Prozent seiner Hoheitsgewässer, die Niue als Schutzgebiete unangetastet lassen will, hat die Regierung in 127'000 Anteile eingeteilt. Diese Anteile, die Ocean Conservation Commitments (Meeresschutzverpflichtungen), kurz OCCs, genannt werden, kosten jeweils 250 neuseeländische Dollar (140 Euro).
Mit dem Verkauf der Anteile will der Inselstaat für das 127'000 Quadratkilometer grosse Meeresschutzgebiet rund 17 Millionen Euro für die kommenden 20 Jahre auftreiben. Die Anteilseigner erhalten im Gegenzug ein Zertifikat und einen jährlichen Fortschrittsbericht.
Tagelagi findet das unkonventionelle Projekt «sehr aufregend». Seine Regierung hat selbst 1700 Patenschaftsanteile übernommen - für jeden Einwohner der Insel einen.
Umgesetzt wird das Vorhaben vom Niue Ocean Wide Project. Dessen Chef Brendon Pasisi nennt unter anderem die Verschmutzung durch Plastikmüll und Abwässer sowie den intensiven Fischfang als Bedrohung für die marinen Ökosysteme im Südpazifik.
Laut Pasisi fischen die Menschen in Niue zwar überwiegend nur in küstennahen Gebieten für ihren eigenen Bedarf und nutzen dafür oftmals noch traditionelle Kanus. Aber da Fischereiausrüstung und Kühlmöglichkeiten für den Fang immer besser würden, werde auch immer mehr gefischt.
Hinzu kommen ausländische Fischereiflotten, die weitgehend unbehelligt in geschützte Gewässer eindringen können. Allein mit Patrouillenbooten sei dieses «riesige Gebiet» nicht zu überwachen, gibt Regierungschef Tagelagi zu bedenken. Daher sollen mit den internationalen Spenden Überwachungsdrohnen angeschafft werden.
Tagelagis kleines Land hat mit zahlreichen Herausforderungen zu kämpfen. Das 60 Meter über dem Meeresspiegel gelegene Korallenatoll ist zwar anders als andere kleine Inselstaaten nicht akut von der Überschwemmung durch steigende Meeresspiegel bedroht. Dass der Klimawandel zu wärmerem und übersäuertem Meerwasser führt, macht allerdings den Korallen und anderen Meereslebewesen rund um Niue zu schaffen. Ausserdem nimmt durch die Erderwärmung die Intensität von Tropenstürmen zu.
Durch den Schutz ihrer Natur wollen die Menschen auf der Insel nicht nur das Erbe ihrer Vorväter erhalten. Laut Tagelagi könnte das neue Meeresschutzgebiet auch «einen überraschenden wirtschaftlichen Vorteil» für sein Land bringen, nämlich in Form zunehmender Tourismus-Einnahmen.
Angelo Villagomez von der US-Organisation Center for American Progress lobt Niues Weg als «sehr innovatives Modell». Der Umwelt-Experte ist sich sicher: «Wenn wir den Klimawandel bewältigen wollen, wenn wir die Ressourcen der Meere schützen wollen, müssen wir diesen an vorderster Front lebenden Gemeinschaften Geld verschaffen.»
(SDA)