So ist Bayern: Zuerst rumort es an den Stammtischen. Dann breitet sich politische Rauflust in der Partei aus – bis der Sturm schliesslic die alte Garde hinwegfegt. Der Wechsel an der Spitze der bayerischen Christlich-Sozialen Union (CSU) ist immer ein schmerzhafter Häutungsprozess.
Diesmal hat es Horst Seehofer getroffen. Der wird als Parteivorsitzender nach Berlin «entsorgt». Und sein Amt als Ministerpräsident muss er nach fast 20 Jahren bis März aufgeben: Alles muss sich ändern, damit alles beim Alten bleibt. Folgen wird ihm sein Intimfeind und Kabinettskollege Markus Söder: für den 50-jährigen Franken die Erfüllung seines Lebenstraums.
Schon setzt der Neue erste Duftmarken. Statt Seehofers überheblicher «Bayern First»-Devise will er «nur das Beste für Bayern». Das aber, so seine «vorläufige Planung», am liebsten gleich bis ins Jahr 2030. Markus Söder ist ein politischer Überzeugungstäter. Schon von der Dachschräge seines Nürnberger Jungenzimmers lächelte der christsoziale Landesvater Franz Josef Strauss. Seinetwegen trat der Sohn eines Bauunternehmers mit 16 Jahren in die CSU ein. Beim Bayrischen Rundfunk arbeitete der promovierte Jurist gerade mal für anderthalb Jahre als Redaktr. Mehr praktische Berufserfahrung gabs nicht. Stattdessen Parteitufe Stufe, Posten um Posten nach oben. Bis zuletzt zum bayrischen Heimat- und Finanzminister. Wie sein Idol Strauss ist auch Söder intelligent, provozierend, laut und kantig. An der Parteibasis in den Bierzelten, wo es immer auch um Politik geht, gerne populistisch rüpelhaft und unflätig. In exzentrischer Verkleidung als Homer Simpson, Marln Monroe oder Shrek ebenso vergnügt wie politisch kalkuliert beim Faschingstreiben in Veitshöchheim. Glücklich verheiratet ist er. Vater von drei Mädchen.
Rechts von der CSU dürfe es in Bayern keine Partei geben, hatte Strauss gesagt. Das ist auch Söders Credo. Und in Zukunft sein grösstes Problem. Er, das Leben im ländlichen Raum attraktiver zu machen und Bayerns Spitzenplatz als Wirtschaftsstandort zu verteidigen.
Wären da nur nicht die Flüchtlinge. Objektiv haben die den Bayern nichts an Wohlstand weggenommen. Ein rechtsextremer Amoklauf in München hat mehr Opfer gefordert als zwei dilettantische Anschläge des sogenannten Islamischen Staats. Aber die Stammtische wollen kein «Weiter so».
Trotz Söder und Seehofers fremdenskeptischen Parolen und simplen Lösungsvorschlägen –bei der Bundestagswahl im September 2017 stürzte die CSU auf 38,8 Prozent der Stimmen ab und holte die rechtspopulistische AfD veritable 12,4 Prozent. Unter den Christozialen herrscht nackte Panik. Ihr Auftrag an Söder, bei den Landtagswahlen im September 2018 die absolute Mehrheit zu retten, muss derzeit als «Mission Impossible» gelten.
Seine «vorläufige Planung«, bis mindestens 2030 «nur das Beste für Bayern» zu geben, daher unter keinem guten Stern.