«Marionette und Verräter»
Islamisten bedrohen Berner Imam

Weil er öffentlich den Islamischen Zentralrat und andere «Rückständige» kritisierte, wurde der Berner Imam Mustafa Memeti nun zur Zielscheibe muslimischer Fanatiker. Denn Memeti fordert unter anderem die strikte Trennung von Religion und Staat.
Publiziert: 22.01.2015 um 15:57 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 16:30 Uhr
Der Berner Imam Mustafa Memeti zieht den Zorn von religiösen Fanatikern auf sich.
Foto: Sabine Wunderlin

Er sei vorsichtig geworden, sagt Mustafa Memeti zu Blick.ch. Denn jeder Mensch müsse ein gewisses Risiko einkalkulieren, «auch Muslime», sagt er. Per Drohbrief und in sozialen Netzwerken wird Mustafa Memeti als «Assimilationshelfer», «Verräter» und «Marionette» beschimpft, schreibt die Berner Zeitung. Obwohl er selber Imam ist.

«Zwar sind es keine konkreten Drohungen zu Gewalttaten», präzisiert Memeti im Gespräch mit Blick.ch. Aber er sei persönlich gemeint. Jetzt werden also schon Leute aus den eigenen Reihen zur Zeilscheibe radikaler Islamisten!

«Aber ich lebe nicht jeden Tag in Angst, sonst könnte ich ja nicht mehr nach vorne blicken», so Memeti.

Die Wut zog Mustafa Memeti auf sich, weil er mit seiner Moschee ins Haus der Religionen in Bern zügelt. Das sehen manche radikale muslimische Meinungsführer als Verrat. In einem religiösen Papier, eine Art muslimisches Rechtsgutachten (Fatwa), haben sie das Gebet im Haus der Religionen für ungültig erklärt.

Schrafe Kritisk am Islamischen Zentralrat

Aber nicht nur das: Mustafa Memeti hat sich gewagt, gewisse radikale Kreise öffentlich zu kritisieren. Etwa den Islamischen Zentralrat. «Als gemässigter Muslim akzeptiere ich keine Parallelgesellschaft, wie der IZRS sie möchte», sagt der Berner Imam.

Er weiss, dass er damit den Hass radikaler Meinungsmacher auf sich zieht. «Aber ich habe das Recht, jemanden zu kritisieren. Denn statt unsere Situation zu mildern oder zu verbessern, hat der Islamische Zentralrat unsere Situation verschärft und die Muslime in der Schweiz gespalten. Sie haben unsere Lage destabilisiert und das ist nicht in Ordnung.»

Er glaubt, die Rädelsführer im IZRS liebäugelten mit einer Karriere in radikalen Kreisen und wollten bloss ihre Macht ausbauen. «Sie wollen wie blind Änderungen in der Gesellschaft einführen, statt den Muslimen zu helfen, sich hier zurechtzufinden und mitsamt ihrem Glauben einzugliedern.»

Islam an die heutige Zeit anpassen

Mustafa Memeti vertritt ein liberales Konzept des Islams. «Wir wollen den Islam aus der Gefangenschaft der Rückständigen befreien.» Er wolle einen objektiven Islam und appeliert für Anpassungen an Ort und Zeit. Zudem fordert er eine strenge Trennung von Religion und Staat.

«Wir müssen den Koran und seine Lehren in einen aktuellen Kontext stellen. Ich bin studierter Theologe und habe Islamisches Recht in mehreren arabischen Staaten gelehrt, ich praktiziere als Imam und Seelsorger. Aber in den 20 Jahren in der Schweiz bin ich nie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen.» Denn der Islam verlangte, «dass man mit der Rechtsordnung in Einklang lebt.»

«Eine rote Linie, die nicht überschritten werden darf»

Er sehe auch absolut keinen Widerspruch zwischen Islam und Demokratie. «Wenn Menschen unterdrückt werden und einander umbringen, ist das keine Religion. Die Religion soll den Menschen dienen - und die Freiheit wird von uns bedingungslos anerkannt und hoch geschätzt. Kein Muslim sollte Recht und Demokratie in Frage stellen. Das ist eine rote Linie, die nicht überschritten werden darf.»

Mustafa Memeti ist sich bewusst, «dass rückständige Kräfte Mühe haben mit diesem Konzept». Doch seiner Meinung nach stellen genau diese die Zukunft aller Schweizer Muslime in Frage. «Man muss die Radikalen ausgrenzen. Sie dürfen den Islamdiskurs nicht dominieren, indem sie mit ihrer Ideologie in der Öffentlilchkeit stehen.» (ct)

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