Im hohen Norden Norwegens donnern gestern Vormittag Schneemassen über die Siedlung Longyearbyen hinweg. Mehrere Häuser werden bis zu 80 Meter weit mitgerissen, einige zerbersten. Die Holzhäuser stehen wegen des Dauerfrostes auf Pfählen. Geologen schätzen, dass Hunderte Tonnen Schnee auf jedes Haus niedergingen.
In der Nacht vor dem Unglück herrschte der Zeitung «Svalbardposten» zufolge das schwerste Unwetter seit 30 Jahren. Bereits gestern ist ein 42-jähriger Mann umgekommen. Neun Verletzte mussten ins Spital, darunter waren auch drei Kinder. Eines davon ist heute an seinen Verletzungen gestorben.
Obwohl niemand mehr als vermisst gemeldet ist, ging auch heute die Suche mit Lawinenhunden weiter. Die Behörden hatten zunächst Schwierigkeiten, zu ermitteln, wer sich zur Unglückszeit in den Gebäuden aufhielt. Die Bewohner gruben mit Schaufeln nach Verschütteten. Vom Festland wurden Rettungsteams und Ärzte eingeflogen.
«Wir sind von einer grossen Tragödie getroffen worden», sagte Sysselmann Kjerstin Askholt, die Regierungsbevollmächtigte der Inseln, heute bei einer Pressekonferenz. Die Lawinengefahr sei weiter sehr hoch.
Heute wurden weitere Abgänge registriert, die allerdings nur eine leerstehende Hütte zerstörten. In Longyearbyen mussten inzwischen rund 180 Menschen ihre Häuser verlassen. Es sei unklar, wann sie wieder zurückkehren könnten, sagte Askholt. «Wir haben eine sehr spezielle Wettersituation. Erst wenn Wind und Schneefall abnehmen, können wir sicher sein.»
Spitzbergen, auf Norwegisch Svalbard genannt, ist eine Inselgruppe in der Arktis, die von Norwegen verwaltet wird. Dort leben rund 2700 Menschen. Anders als auf dem norwegischen Festland gibt es hier kein Lawinenwarnsystem. (lex/SDA)