Als wäre der ukrainische Winter nicht hart genug, als wäre der tägliche Kampf an der Front nicht zermürbend genug, haben die Soldaten in den Schützengräben auch gegen eine andere Plage zu kämpfen: Mäuse. Sie verbreiten Krankheiten, lösen bei den Kämpfern Fieber, Hautausschläge und Erbrechen aus, einige bluten aus den Augen.
Eine Soldatin mit dem Rufnamen Kira erzählt gegenüber CNN, wie ihr Bataillon bei Saporischschja von einer regelrechten Mäuseepidemie überschwemmt wurde. «Stellen Sie sich vor, Sie gehen zu Bett, und die Nacht beginnt damit, dass eine Maus in Ihre Hose oder Ihren Pullover krabbelt, an Ihren Fingerspitzen kaut oder in Ihre Hand beisst. Je nachdem, wie viel Glück man hat, bekommt man zwei oder drei Stunden Schlaf.»
Mäuse machen sogar Fahrzeuge fahrunfähig
Sie sagt, dass etwa gegen 1000 Mäuse in ihrem Unterstand mit vier Soldaten gewesen seien. Sie krabbeln in Betten, in Schlafsäcke, in Rucksäcke, Stromaggregate, wuseln in Kissenbezügen und Uniformtaschen. Sie nagen an Kabeln, an Leitungen, krabbeln in Fahrzeuge und machen sie fahrunfähig.
Gegen die Biester hilft kaum etwas – nicht mal Katzen. Kira erzählt CNN, dass sie eine Katze mitgenommen hätten, die zwar mitgeholfen hätte, einige Mäuse zu fangen – aber schliesslich kapitulierte. Die Soldaten decken sich in den Geschäften hinter der Front mit Anti-Nager-Mitteln ein, versprühen Ammoniak, stellen Fallen auf und werden der Plage dennoch nicht Herr.
Schlimmer als die Bisse sind die Krankheiten, die die Mäuse mit sich bringen. Bereits im Dezember meldete der ukrainische Geheimdienst, dass die russischen Truppen durch das «Mäusefieber» geschwächt seien. Ausgelöst werde dieses durch das Einatmen von Mäusekotstaub oder durch Mäusekot in Lebensmitteln.
Ukraine baut Surowikin-Linie nach
Die Situation dürfte sich in den kommenden Wochen nicht verbessern. Kommt hinzu, dass die Ukraine sich wie der russische Aggressor derzeit entlang der Front regelrecht eingegraben hat. Entlang der Frontlinie ziehen sich frische Schützengräben, Drachenzähne aus Beton wurden aufgestellt und neue Kommandozentralen erstellt. Das berichtet der «Telegraph».
Die Ukraine baut ihre eigene Surowikin-Linie, benannt nach dem russischen General Sergej Surowikin (57). Dieser brachte mit der massiven Befestigung mehrerer Verteidigungslinien die ukrainische Gegenoffensive zum Stocken. Sie ähneln stark dem russischen Modell: Es handle sich ebenfalls um ein Modell aus Schützengräben, Panzerfallen und weit ausgebauten Minenfeldern.
Allerdings befinden sich die Ukrainer in der Zwickmühle: Je mehr sie ihre Armee in einen Stellungskrieg eingraben, desto mehr schwindet die Hoffnung, die von den Russen besetzten Gebiete zurückzuerobern. Laut «Telegraph» kommt deshalb das Konzept der «aktiven Verteidigung» ins Spiel: die Verteidigungslinien halten und gleichzeitig offensiv vorgehen, in der Hoffnung, Schwachstellen zu finden, die zu einem Zusammenbruch der russischen Linien führen könnten. (neo)