Kurz nach einem Bombenangriff auf Chan Scheichun im Nordwesten Syriens: Ein kleines Mädchen liegt geschockt und zusammengekauert auf einem Schutthaufen. Ihr Gesicht ist blutverschmiert, sie wartet auf ihre Rettung. Unter ihr ragt eine Hand hervor – es ist ihre Schwester, die von den Trümmern begraben wurde.
Die sogenannten «Weisshelme» – eine private syrische Zivilschutzorganisation – können das Mädchen lebend aus den Trümmern befreien. Der Vater eines Kindes umklammert nach dem Angriff verzweifelt seine tote Tochter. Als Rettungskräfte ihre Leiche wegbringen wollen, küsst er ihre leblosen Füsse, bevor er sie gehen lassen muss.
Es sind Bilder, die niemanden kalt lassen. Beim Angriff des syrischen Regimes auf die Stadt Chan Scheichun nahe der Rebellenhochburg Idlib starben am Dienstag fünf Menschen, drei davon waren Kinder.
Giftgasangriff vor zwei Jahren
In den letzten Tagen hat die syrische Armee ihre Artillerie- und Luftangriffe in der Region intensiviert. Deshalb sind bereits Tausende Zivilisten geflohen. «Chan Sheichun gleicht einer Geisterstadt», sagt Rami Abdulrahman von der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte.
Die Stadt wurde nicht zum ersten Mal Ziel eines Angriffs von Assads Armee. Im April 2017 fand hier ein Giftgasangriff mit über 80 Toten statt. Die USA flogen anschliessend einen Vergeltungsschlag auf die syrische Luftwaffenbasis Al-Schairat.
Zwölf Kinder an Kälte gestorben
Generell haben Kinder am Krieg in Syrien am meisten zu leiden. So sind etwa seit Jahresbeginn zwölf Buben und Mädchen in einem Flüchtlingslager infolge von Kälte und mangelhafter medizinischer Versorgung gestorben. Fünf der Opfer in dem Lager Rukban im Süden des Bürgerkriegslandes waren Neugeborene, wie das Kinderhilfswerk Unicef mitteilte.
Die Organisation rief die Kriegsparteien in Syrien auf, das Lager uneingeschränkt für humanitäre Hilfe zu öffnen. In Rukban leben mehr als 40'000 Menschen abgeschnitten vom Rest der Welt in einem kargen Wüstengebiet nahe der Grenze zur Jordanien. Die meisten von ihnen sind Frauen und Kinder.
Anfang Februar hatte ein Hilfskonvoi das Gebiet erreicht. Es war der erste seit drei Monaten und der grösste in Syrien in der Uno-Geschichte. Der Konvoi habe die Not der Menschen jedoch nur vorübergehend gelindert, beklagte Unicef. (bra/SDA)