Macron, Kurz und Lindner
Junge Politiker mischen Europa auf

Die Wähler haben genug von verknöcherten Strukturen. Junge Politik-Haudegen sorgen in unseren Nachbarländern für neuen Schwung. Die Parteien sind gefordert.
Publiziert: 16.05.2017 um 09:30 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 15:26 Uhr
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Er ist der jüngste Präsident, den die französische Republik je erlebt hat. Seit Sonntag ist er im Amt. Das ehemalige Mitglied der Sozialisten hat seine eigene Bewegung En Marche! gegründet, mit der er Frankreich aus der Misere führen will. Seine momentan wichtigste Aufgabe: Er muss Mehrheiten finden.
Foto: ALAIN JOCARD
Guido Felder

Junge Politiker sorgen in drei unserer Nachbarländer für eine neue Dynamik. Am Sonntag hat Emmanuel Macron (39) als Präsident von Frankreich übernommen, in Österreich ist Aussenminister Sebastian Kurz (30) ebenfalls auf dem Weg nach ganz oben, und in Deutschland startet die totgeglaubte FDP dank Christian Lindner (38) wieder durch.

Woher kommt diese erfolgreiche Verjüngung der Politik? Lukas Golder (42), Politikwissenschafter und Ko-Leiter des Forschungsinstituts für Politik und Kommunikation GfS Bern, erklärt: «Seit den 1980er-Jahren gibt es neue soziale Bewegungen und neue Formen von Protest. Junge merken, dass sie politisch etwas bewegen können. Durch die neuen Medien haben sie zudem die Möglichkeit, ihre Botschaft und Emotionen auf einfachem Weg zu verbreiten.»

Parallelen zu Barack Obama

Die Unzufriedenheit über die Politik in Europa habe sich vor allem in der Finanzkrise verstärkt. Golder: «Die Wähler hoffen, dass sie mit jungen Politikern verknöcherte Strukturen aufweichen und die Welt modernisieren können.» Das zeige sich besonders in Frankreich, wo der neue Präsident Emmanuel Macron keiner der traditionellen Parteien angehört, sondern mit En Marche! innert kurzer Zeit eine eigene Bewegung gegründet hat. Golder: «Die Wahl Macrons zeigt Parallelen zu Barack Obama in den USA.»

Oft gilt wegen der Erfahrung ein gewisses Alter für einen Politiker von Vorteil. Dies ist aber laut Golder nicht zwingend. «Junge bringen Erfahrung aus ihrem Lebensbereich mit und sind auch oft bereit, sich politisch langfristig zu engagieren.» Wichtig sei vor allem eine gute Alters-Durchmischung: «So wird ein politisches Gremium wertvoller, weil es Strömungen und Trends erkennen und umsichtiger politisieren kann», sagt Golder.

Auch in der Schweiz findet Golder gute Beispiele von erfolgreichen Jung-Politikern: so etwa der ehemalige SVP-Präsident Toni Brunner (42) oder SP-Nationalrätin Evi Allemann (38). Golder windet den Schweizer Parteien ein Kränzchen: «Sie gehen gut auf Junge ein und sind bereit, sich immer wieder zu erneuern. Sie haben auch daher wieder an Einfluss gewonnen.»

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