Londons Serienvergewaltiger vor Gericht
«Er war Polizist, wie konnte man ihm misstrauen?»

Im Gerichtsprozess um den Londoner Polizisten, der mindestens 24 Mal Frauen vergewaltigte, kommen weitere Details ans Licht. Und: Es soll sich nicht um einen Einzelfall handeln.
Publiziert: 07.02.2023 um 06:37 Uhr
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Aktualisiert: 07.02.2023 um 09:56 Uhr
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Das Urteil für den Polizisten, der mindestens 24 Mal Frauen vergewaltigte, wird am Dienstag verkündet.
Foto: Keystone

Vergewaltigt, missbraucht, gedemütigt: Die Schilderungen gehen unter die Haut. Fast 20 Jahre lang soll sich ein Polizist an Frauen vergangen haben. Geschützt hat ihn auch sein Dienstausweis. Der Fall legt den skandalösen Zustand der Londoner Polizei offen – mal wieder.

Einige Frauen sperrte er nackt in ein winziges Kabuff, auf manche urinierte er – und immer wieder vergewaltigte er seine Opfer. Für diese Taten, die er vor Gericht eingeräumt hat, wird ein Londoner Polizist an diesem Dienstag wahrscheinlich zu mehreren Jahrzehnten hinter Gittern verurteilt.

Die Misshandelten sind schwer traumatisiert, doch im Prozess wollten sie sich Gehör verschaffen. «In dieser Nacht spürte ich, dass ich das Böse getroffen habe», beschrieb eine der Frauen ihre Furcht in einem Statement. Eine andere fühlte sich als «Stück Dreck auf seinem Schuh».

49 Anklagepunkte – 24 Vergewaltigungen

Wegen Vergewaltigungen, sexuellen Übergriffen und Freiheitsberaubung in 49 Fällen ist der Polizist angeklagt. Mehr als 80 Einzeltaten gegen 12 Frauen hat er gestanden. Die Ermittler gehen aber davon aus, dass es noch mehr Opfer gibt. Zwar erstreckt sich der Tatzeitraum über 17 Jahre, von 2003 bis 2020. Es gibt aber eine Lücke von mehreren Jahren, in denen keine Anzeigen vorliegen.

Die Opfer werden meist als verletzliche Frauen geschildert, einige jünger, andere deutlich älter. Der heute 48 Jahre alte Mann soll sie manipuliert, eingeschüchtert und unter Druck gesetzt haben. Dabei half ihm auch sein Status als Polizeibeamter mit Dienstausweis und – später – Waffe, so schildern es mehrere Frauen, und so sieht es auch die Anklage. Er brüstete sich damit, dass er unter anderem mit dem Schutz des britischen Parlaments beauftragt war.

«Er war Polizist, wie konnte man ihm misstrauen?», liess eine der Frauen ausrichten. Eine andere berichtete, sie sei nach der Vergewaltigung ins Krankenhaus gegangen. Als sie dort erzählte, wer ihr Peiniger ist, habe eine Pflegerin nur abgewinkt. «Die Justiz schützt ihre eigenen Leute», habe sie gesagt.

Doch damit soll nun endlich Schluss sein. Der Fall ist bereits der zweite innerhalb kurzer Zeit, bei dem ein Londoner Polizist seinen Status für schwerste kriminelle Verbrechen genutzt haben soll. Die Dimension erinnert an den Mord an Sarah Everard – ein Beamter mit ähnlichen Zuständigkeiten hatte die 33-Jährige im März 2021 mithilfe seines Dienstausweises auf offener Strasse in London verschleppt. Er vergewaltigte und ermordete die junge Frau. Dafür wurde er zu lebenslanger Haft verurteilt.

Frauenfeindlichkeit hat bei Beamten System

Nun hat das Innenministerium den Polizeien im Land aufgetragen, in den eigenen Reihen nach «schwarzen Schafen» zu suchen. Es gebe «zu viele Beispiele von Frauenfeindlichkeit und Sexismus», kritisierte der Abgeordnete Nick Smith von der Oppositionspartei Labour am Montag. Allein in der Londoner Metropolitan Police sind nach Ansicht des neuen Polizeichefs Mark Rowley Hunderte Beamte und Beschäftigte im Einsatz, die «not fit for office» sind. Sprich: kriminell und korrupt. London ist beileibe kein Einzelfall.

Derzeit steht in Edinburgh ein Polizist vor Gericht, der eine Frau vergewaltigt und eine Treppe hinabgestossen sowie eine 13-Jährige vergewaltigt haben soll. Er weist die Vorwürfe zurück.

Das Verhältnis zur Bevölkerung ist gestört, wie auch Innenministerin Suella Braverman eingestand. Elf der zwölf Opfer des 48-jährigen Angeklagten haben ausgesagt, kein Vertrauen mehr in die Polizei zu haben. Kommentatoren rufen dazu auf, die Einstellungsprozesse genau zu überprüfen – zumal derzeit die konservative Regierung Tausende Beamte sucht.

Doch auch andere Dienste sind betroffen. So ergab ein offizieller Untersuchungsbericht, dass Frauenfeindlichkeit, Sexismus und Rassismus bei der Londoner Feuerwehr an der Tagesordnung seien. Dem Sender ITV sagte eine anonyme Feuerwehrfrau, dass männliche Kollegen privat Fotos von Unfalltoten gemacht und sich über die Unterwäsche weiblicher Todesopfer ausgetauscht hätten. Auch hierbei mahnen Politiker, Gewerkschaften und die Chefetage, dass eine Kehrtwende dringend nötig sei. (SDA/jwg)

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