Auf einen Blick
Israel und die Hamas haben sich auf ein Abkommen geeinigt
Es sieht eine Waffenruhe und den Austausch von Geiseln gegen Gefangene vor
US-Präsidenten Biden und Trump reagierten mit Begeisterung
Vereinte Nationen boten Israel und Palästinensern ihre Hilfe an
Erdogan hofft auf Stabilität im Nahen Osten
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (70) hat die Einigung Israels mit der islamistischen Hamas gelobt. Er hoffe nun auf dauerhaften Frieden und Stabilität, schrieb der türkische Präsident auf der Plattform X. Die Hamas nannte er eine «Widerstandsbewegung». Ankara unterhält enge Beziehungen zur Hamas.
Hilfsorganisationen hoffen auf mehr Freiraum
Nach der Einigung auf eine Waffenruhe im Gazastreifen wollen Hilfsorganisationen ihren Einsatz für notleidenden Menschen dort schnell verstärken. Das International Rescue Committee (IRC) kündigte an, seine Arbeit im Gazastreifen auszuweiten, «sobald es die Umstände erlauben». «Die Narben dieses Krieges werden lange sichtbar sein, aber es braucht jetzt eine Welle der Hilfsbereitschaft, um die Zivilbevölkerung sofort zu unterstützen», sagte IRC-Präsident David Miliband (59). Nötig sei der freie Zugang und die uneingeschränkte Mobilität von humanitären Helfern.
Das Uno-Kinderhilfswerk Unicef machte deutlich, das Ausmass der humanitären Bedürfnisse sei enorm. Unicef und seine Partner seien bereit, ihr Engagement zu vergrössern, hiess es in einer Erklärung. Auch das Hilfswerk hob hervor, wichtig sei der ungehinderte Zugang, um alle Kinder und Familien mit sauberem Wasser, Nahrungsmitteln, Gesundheitsversorgung und psychologischer Unterstützung zu erreichen.
Zurzeit gebe es schätzungsweise 17'000 Kinder, die ihre Eltern verloren hätten oder von ihnen getrennt seien. Annähernd eine Million Kindern lebten nicht mehr in ihrem Zuhause, berichtete Unicef.
Israels Präsident Herzog: «Dies ist der richtige Schritt»
Der israelische Präsident Isaac Herzog (64) hat die Einigung auf eine Waffenruhe im Gazastreifen begrüsst. «Als Präsident des Staates Israel sage ich in aller Deutlichkeit: Dies ist der richtige Schritt», betonte Herzog am Mittwochabend in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache. «Es gibt keine grössere moralische, menschliche, jüdische oder israelische Verpflichtung, als unsere Söhne und Töchter zu uns zurückzubringen – sei es, um sich zu Hause zu erholen, oder um beigesetzt zu werden», fügte Herzog, der als israelischer Präsident eine überwiegend repräsentative Rolle hat, hinzu.
Waffenruhe: Vereinte Nationen bieten Hilfe an
Nach der Vereinbarung über eine Waffenruhe im Gazastreifen zwischen Israel und der islamistischen Hamas haben die Vereinten Nationen ihre Unterstützung bei der Umsetzung angeboten. «Die Vereinten Nationen stehen bereit, um die Umsetzung der Vereinbarung zu unterstützen, und die Lieferung von anhaltender humanitärer Hilfe an die unzähligen Palästinenser, die weiter leiden, hochzufahren», sagte Uno-Chef António Guterres (75) vor Journalisten und Journalistinnen in New York.
Das Abkommen über eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln sei ein «entscheidender erster Schritt», sagte Guterres weiter. «Ich rufe alle Beteiligten und alle relevanten Partner dazu auf, diese Chance zu nutzen, einen glaubhaften politischen Weg hin zu einer besseren Zukunft für Palästinenser, Israelis und die gesamte Region zu etablieren.»
Israelischer Finanzminister kritisiert Geiselabkommen
Der rechtsextreme israelische Finanzminister Bezalel Smotrich (44) hat das zwischen Israel und der Hamas ausgehandelte Abkommen, das eine Freilassung der Geiseln im Austausch gegen Gefangene und eine Waffenruhe vorsieht, auf der Plattform X heftig kritisiert. Der Deal sei «ein schlechter und gefährlicher Deal für die nationale Sicherheit des Staates Israel». «Zusammen mit der grossen Freude und Aufregung über die Rückkehr jedes einzelnen Entführten nimmt die Transaktion viele Errungenschaften des Krieges zurück, in dem die Helden dieser Nation ihr Leben opferten, und wird uns, Gott bewahre, viel Blut kosten. Wir sind entschieden dagegen.»
Smotrich gab an, er werde nur in der Regierung bleiben, wenn Israel zum Krieg «in vollem Ausmass» zurückkehre und die Terrororganisation Hamas zerstöre. In den letzten zwei Tagen habe er mit Premierminister Benjamin Netanyahu (75) hitzige Diskussionen zu diesem Thema geführt, erklärte Smotrich weiter.
Hamas und Jüdischer Weltkongress äussern sich zu Abkommen
Die Hamas feiert die Einigung mit Israel auf eine Feuerpause im Gaza-Krieg als Errungenschaft für die Palästinenser. «Das Waffenruheabkommen ist das Ergebnis der legendären Widerstandskraft unseres grossartigen palästinensischen Volkes und unseres tapferen Widerstands im Gazastreifen seit mehr als 15 Monaten», teilte die Islamistenorganisation mit.
Der Jüdische Weltkongress sieht in dem ausgehandelten Gaza-Deal zwischen Israel und der islamistischen Hamas einen «Hoffnungsschimmer». «Wir drängen darauf, dass die Vereinbarung voll umgesetzt wird», sagte Ronald Lauder (80), Präsident des Jüdischen Weltkongresses (WJC) laut Mitteilung in New York. Der WJC sieht sich als Vertretung der nicht in Israel lebenden Juden.
Geiselangehöriger: «Für mich ist es erst vorbei, wenn es vorbei ist»
Angehörige israelischer Geiseln im Gazastreifen haben die Aussicht auf die Freilassung von 33 der Entführten mit gemischten Gefühlen aufgenommen. «Für mich ist es erst vorbei, wenn es vorbei ist», sagte Jimmy Miller, Cousin der Geisel Schiri Bibas, mit ernstem Gesicht auf dem «Platz der Geiseln» vor dem Kunstmuseum im Zentrum von Tel Aviv. Der Platz war am Abend ungewöhnlich leer, niemand erschien in Feierstimmung.
Bibas war am 7. Oktober 2023 gemeinsam mit ihren beiden Söhnen, Baby Kfir und Kleinkind Ariel, sowie ihrem Ehemann Jarden in den Gazastreifen verschleppt worden. Das Schicksal der beiden Kinder hatte direkt nach ihrer Verschleppung durch ein Video für weltweite Aufmerksamkeit gesorgt. Sie und die Mutter haben neben der israelischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit.
«Das wird noch dauern»
Die islamistische Hamas hatte während des Krieges mitgeteilt, die Mutter und beide Kinder seien bei israelischen Bombardements getötet worden. Aus israelischer Sicht gibt es jedoch für ihren Tod keine abschliessende Bestätigung. Mutter und Kinder stehen nach Medienberichten auf der Liste der 33 Geiseln, die in der ersten Phase freikommen sollen.
«Ich werde es erst glauben, wenn ich sehe, wie unsere Geiseln aus dem Gazastreifen die Grenze nach Israel überqueren», sagte Miller der Deutschen Presse-Agentur. «Das wird mir die Hoffnung und den Glauben geben, dass dieser Deal an einem bestimmten Punkt beginnen und enden wird.» Es sei entscheidend, dass alle 98 Geiseln wieder nach Israel gebracht werden, betonte Miller. «Das wird noch dauern, aber hoffentlich nicht wieder ein Jahr und drei Monate – so wie diesmal.»
Das Baby Kfir sei bei der Entführung erst acht Monate alt gewesen, sagte Miller. «Er konnte noch nicht laufen, noch keine feste Nahrung aufnehmen, er konnte noch nicht einmal Mama sagen, als er verschleppt wurde.» Sein älterer Bruder Ariel habe damals noch an Superhelden geglaubt. Im Kindergarten habe er ein Bild von Batman gemalt, der Kinder aus einem Brunnen rettet. «Am Ende ist er es selbst, der in einem Loch festsitzt – wir hoffen sehr, dass es ein gutes Ende geben wird.»
Von der Leyen: «Das bringt Hoffnung für eine ganze Region»
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (66) begrüsst die Vereinbarung über die Waffenruhe im Gazastreifen zwischen Israel und der islamistischen Hamas und die Freilassung weiterer Geiseln sehr. «Das bringt Hoffnung für eine ganze Region, in der die Menschen schon viel zu lange unermessliches Leid ertragen haben», schrieb von der Leyen auf der Plattform X. Sie forderte Israel und die Hamas auf, das Abkommen vollständig umsetzen.
Auch die EU-Aussenbeauftragte Kaja Kallas (47) sagte, es sei nun an der Zeit, das Abkommen für alle Geiseln und ihre Familien, die Menschen in Gaza und die Menschen in der Region umzusetzen. Auf der Plattform X schrieb sie von einem «wichtigen, positiven Durchbruch» auf dem Weg zur Beendigung der Gewalt.
EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola (45) sprach auf X von einem möglichen Wendepunkt für nachhaltigen Frieden. Der Plan könne eine Welle der Hilfe auslösen und ein Katalysator sein, der Verzweiflung in Hoffnung verwandelt.
Biden ist «begeistert» über Geisel-Abkommen
Der scheidende US-Präsident Joe Biden (82) hat sich «begeistert» über die zwischen Israel und der Hamas erzielte Vereinbarung über eine Feuerpause im Gaza-Krieg und die Freilassung der von der radikalislamischen Palästinenserorganisation festgehaltenen Geiseln gezeigt. «Dieser Deal wird die Kämpfe im Gazastreifen stoppen, stark benötigte humanitäre Hilfe für palästinensische Zivilisten anschwellen lassen und die Geiseln nach mehr als 15 Monaten Gefangenschaft mit ihren Familien vereinen», erklärte Biden am Mittwoch. Seine Regierung hatte sich in den vergangenen Wochen intensiv um das Abkommen im Gaza-Krieg bemüht.
«Ich möchte anmerken, dass dieses Abkommen unter meiner Regierung ausgearbeitet und ausgehandelt wurde», sagte Biden in einer kurzfristig anberaumten Rede im Weissen Haus. Die Bedingungen des Deals würden aber grösstenteils von der kommenden Regierung unter dem künftigen US-Präsidenten Donald Trump (78) umgesetzt, fügte er hinzu. «In den vergangenen Tagen haben wir als ein Team gesprochen», betonte Biden. Daher habe er seine Mitarbeiter angewiesen, sich eng mit Trumps Team abzustimmen. «Denn das ist es, was amerikanische Präsidenten tun.»
Auf die Frage einer Journalistin, ob die Geschichtsbücher die Waffenruhe Trump oder Biden zuschreiben werden, sagte der scheidende US-Präsident mit einem Lächeln: «Ist das ein Witz?» Biden betonte, die Verhandlungen seien die «härtesten Verhandlungen», die er je erlebt habe. «Der Weg zu diesem Abkommen war nicht einfach. Ich bin seit Jahrzehnten in der Aussenpolitik tätig.» Er sei nun «zutiefst zufrieden», dass eine Einigung erreicht wurde.
EU freut sich über Abkommen
Die EU-Kommission hat erleichtert auf die Vereinbarung zwischen Israel und der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas über eine Waffenruhe im Gazastreifen reagiert. «Ich begrüsse die Waffenruhe-Vereinbarung und die Einigung über die Geiseln zwischen Israel und der Hamas», erklärte die für die Mittelmeerregion zuständige EU-Kommissarin Dubravka Suica (67) am Mittwochabend im Onlinedienst X. Dies bedeute eine «dringend benötigte Entlastung für die von dem Konflikt betroffenen Menschen».