Linke jubeln, Bardella spricht vom «Bündnis der Schande»
Das sind die ersten Reaktionen zum Wahlausgang in Frankreich

Die zweite Runde der französischen Parlamentswahlen hat viele politische Experten ratlos zurückgelassen. Der überwältigende Sieg des Rassemblement National blieb aus. Stattdessen trumpft das Linksbündnis gross auf.
Publiziert: 07.07.2024 um 22:38 Uhr
|
Aktualisiert: 08.07.2024 um 10:12 Uhr
1/11
Die Wahlbeteiligung bei der zweiten Runde der französischen Parlamentswahlen war so hoch wie seit 1981 nicht mehr.
Foto: Getty Images
Cédric_Hengy_Redaktor News_Blick_2-Bearbeitet.jpg
Cédric HengyRedaktor News

Am Sonntag gingen Millionen Französinnen und Franzosen an die Wahlurnen, um in der zweiten Runde der von Präsident Macron (46) vorzeitig ausgerufenen Parlamentswahlen ihre Stimme abzugeben.

Das Ergebnis hat es in sich: Entgegen aller Vorhersagen, die das Rassemblement National und dessen Vorsitzenden Jordan Bardella (28) bereits auf den Stufen der Premierministerresidenz Matignon sahen, hatte bei der Bekanntgabe des Wahlresultats das Linksbündnis die Nase vorn.

Mélenchon und Sozialisten gegen Bündnis mit Macron

Der Erste, der sich am Sonntagabend an die Medien wandte, war der frühere Parteichef der linkspopulistischen Partei La France Insoumise (LFI) Jean-Luc Mélenchon (72). «Die Neue Volksfront ist bereit zum Regieren», so Mélenchon, der in Paris die Bühne bestieg. Eine Koalition mit Macron schloss er jedoch kategorisch aus. 

Ebenfalls kein Bündnis mit dem Präsidenten wünscht der Chef der Sozialisten, Olivier Faure (55). Es solle keine «Koalition der Gegensätze» geben, die die Politik Macrons fortsetze, sagte Faure. Er forderte darüber hinaus, Frankreich zu erneuern. Es solle unter anderem massive Investitionen für den Klimaschutz geben. Auch sollten Reiche stärker besteuert werden.

Höchste Wahlbeteiligung seit 1981

Partystimmung herrscht auch bei Frankreichs Grünen. «Wir haben gewonnen und jetzt werden wir regieren», sagte Grünen-Generalsekretärin Marine Tondelier (37) in Paris. 

«Heute Abend gibt es eine grosse Wahrscheinlichkeit, dass die Volksfront vorne liegt», so Tondelier weiter. «Heute Abend hat die soziale Gerechtigkeit gewonnen, heute Abend hat die ökologische Gerechtigkeit gewonnen und heute Abend hat das Volk gewonnen und jetzt geht es erst los.»

Die seit 1981 höchste Wahlbeteiligung habe belegt, wie wichtig den Menschen in Frankreich die Parlamentswahl gewesen sei, so Tondelier. «Das ist ein schöner Sieg der Demokratie, er gehört euch allen.»

Ex-Präsident Hollande mischt als Abgeordneter wieder mit

Grund zur Freude hat nach der zweiten Runde der französischen Parlamentswahlen auch der ehemalige Staatspräsident François Hollande (69). Er wird als Abgeordneter des Departement Corrèze in die Nationalversammlung einziehen. 

Kurz nach der Ausschreibung der Neuwahlen durch Präsident Emmanuel Macron hatte Hollande überraschend seine Kandidatur angekündigt. Hollande sagte, er habe diese Entscheidung getroffen, weil die Lage so ernst sei wie schon sehr lange nicht mehr.

Seine Wahl in den Palais Bourbon bedeutet für den Sozialisten eine Rückkehr zu seinen Wurzeln. Er war von 1988 bis 1993 und von 1997 bis 2012 Abgeordneter dieses Wahlkreises, bevor er 2012 zum Präsidenten der Republik gewählt wurde.

Enttäuschung bei Jordan Bardella

Ganz anders tönt es derweil aus dem Inneren des Rassemblement National. Dessen Parteichef, Jordan Bardella, hat mit seinen Verbündeten bei den Parlamentswahlen hinter der Neuen Volksfront und Ensemble lediglich den dritten Platz belegt.

Bardella sprach zwar vom «grössten» Durchbruch des RN «in seiner gesamten Geschichte». Gleichzeitig beklagte er aber «das Bündnis der Schande und die gefährlichen Wahlabsprachen, die den Franzosen heute Abend eine Politik des Aufschwungs vorenthalten.»

Diese Wahlabsprachen würden Frankreich direkt in die Arme der extremen Linken von Jean-Luc Mélenchon treiben, fügte er hinzu.

Attal kündigt Rücktritt für Montag an

Aus dem Regierungslager hat sich bisher einzig Premierminister Gabriel Attal (35) direkt an die Nation gewandt. Das Mitte-Lager von Staatspräsident Emmanuel Macron verfüge über keine Mehrheit mehr, teilte er nach Bekanntwerden erster Hochrechnungen mit. Er werde deshalb am Montagmorgen seinen Rücktritt bei Macron einreichen.

Eine offizielle Wortmeldung zum Wahlergebnis von Präsident Emmanuel Macron steht bisher noch aus. Aus dem Élysée-Palast hiess es bisher einzig: «Man hatte das Mitte-Lager für tot erklärt: Es ist da, auch nach sieben Jahren an der Macht.»

Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?