Der Auftritt der chinesischen Virologin Li-Meng Yan am vergangenen Freitag ging um die Welt. Sie erforschte das Covid-19-Virus, noch bevor die Welt von seiner Existenz wusste. Dann floh Li-Meng Yan in die USA, wo sie sich derzeit an einem geheimen Ort aufhält – aus Angst um ihr Leben. In einer britischen Talkshow zeigte sie sich letzte Woche erstmals wieder der Öffentlichkeit – und präsentierte sogleich ihre steile These. Covid-19 sei in Wuhans Institut für Virologie künstlich hergestellt worden, sagte Li-Meng Yan.
Jetzt hat die Virologin ihre Beweise veröffentlicht. Mit drei weiteren Forschern hat sie am Montag ihre wissenschaftliche Arbeit ins Netz gestellt, die zeigen soll, wie das Virus hergestellt wurde. Das Dokument, das 26 Seiten umfasst, hat Li-Meng Yan beim Online-Speicherdienst Zenodo für wissenschaftliche Datensätze hochgeladen.
Der Titel hat es bereits in sich: «Ungewöhnliche Merkmale des Sars-CoV-2-Genoms deuten auf eine raffinierte Labormodifikation hin – eher als auf eine natürliche Entwicklung.» Die Forscher schreiben, dass Sars-CoV-2 mithilfe «der Fledermaus-Coronaviren ZC45 und/oder ZXC21 hergestellt» worden seien. Die Produktion umschreiben die Whistleblowers als «einfach», als Dauer geben sie «ungefähr sechs Monate» an.
«Gefälschte wissenschaftliche Daten sind veröffentlicht worden»
In den nachfolgenden Seiten beschreiben die Forscher in komplizierter Fachsprache, wie das Virus konkret im Labor hergestellt worden sein soll. Ein pikanter Seitenhieb auf die chinesische Regierung findet sich auch: «Es sind gefälschte wissenschaftliche Daten veröffentlicht worden, um die Welt in die Irre zu führen», heisst es im Dokument.
Weiter weisen Li-Meng Yan und ihre Kollegen darauf hin, dass Labore in China über die «weltweit grösste Sammlung von Coronaviren» verfügen. Die Forscher fordern letztlich eine «unabhängige Überprüfung» des Labors in Wuhan.
So wurde Yan angeblich zum Schweigen gebracht
Li-Meng Yan hat über Jahre hinweg in Hongkong gearbeitet. Sie sei von den Behörden und ihrem früheren Vorgesetzten an der Universität von Hongkong zum Schweigen gebracht worden, wie sie am Freitag bei der Talkshow erzählt hatte. Die Schule für öffentliche Gesundheit der Universität ist ein der Weltgesundheitsorganisation (WHO) angegliedertes Referenzlabor. Sie soll «schweigen und vorsichtig sein», war ihr geraten worden. «Sonst werden wir Ärger bekommen und verschwinden.»
Im April floh Yan aus Hongkong in die USA. Schon vor ihrer Flucht seien ihre Informationen aus Datenbanken der Regierung gelöscht worden. Sie musste fliehen, weil sie «weiss, wie China mit Informanten umgeht», sagte Yan am Freitag.
Die Wissenschaftlerin hat schon früher erklärt, dass Peking jeden zum Schweigen zu bringen versuchte, der beim ersten Ausbruch des Virus in Wuhan im vergangenen Jahr Alarm schlagen wollte. Selbst die Computer und Telefone von Journalisten waren beschlagnahmt worden, die über das Virus zu berichten versuchten. Es sei wichtig, so die Forscherin, dass die Welt den Ursprung des Virus kennt, um es überwinden zu können. «Sonst wird es für alle lebensbedrohlich sein», warnt Yan. «Ich weiss, wenn ich der Welt nicht die Wahrheit sage, werde ich es bereuen.»
Das sagt die Wissenschaft
Eine unabhängige Prüfung der angeblichen Beweise von Yan und ihren Kollegen durch die Wissenschaft steht noch aus. Bislang geht die Weltgesundheitsorganisation WHO und die überwiegende Wissenschaft davon aus, dass das Virus aufgrund seiner genetischen Beschaffenheit natürlich vorkommt und von einem Tier, wahrscheinlich einer Fledermaus, auf den Menschen übertragen wurde.
Trump behauptete: «Coronavirus stammt aus Wuhan-Labor!»
Die Labortheorie ist allerdings nicht neu. US-Präsident Donald Trump (74) hat im April behauptet, dass er mit «grosser Zuversicht sagen könne», dass das neuartige Coronavirus aus einem Labor in der chinesischen Stadt Wuhan entstammt. Die US-Geheimdienste haben im Frühling auch entsprechende Untersuchungen gestartet habe. Man prüfe sämtliche Hinweise, ob die Corona-Pandemie in China durch «Kontakt von Menschen mit infizierten Tieren oder durch einen Unfall in einem Forschungslabor begonnen hat», hiess es in einer Mitteilung im April.
Auch Robert Wang, ein hochrangiger US-Beamter im Ruhestand, der über 30 Jahre lang in China für die amerikanische Regierung tätig war, sagte im April in einem Interview gegenüber «SonntagsBlick»: «Von Bekannten in der US-Regierung weiss ich, dass man in Washington dieser Theorie bereits seit Februar nachgeht.» Dass Covid-19 aus einem Labor stammt, hielt Wang damals für «durchaus möglich».
Seit den Aussagen Donald Trumps vor über fünf Monaten hat man aus Washington allerdings nicht mehr zu dieser Theorie vernommen. Ob die entsprechenden Untersuchungen bereits abgeschlossen sind, ist derzeit unklar.
Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.
Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.