Efi Latsoudi (52) kann wieder ruhiger schlafen. «Wir haben endlich angefangen zurückzuschlagen!», sagt die Leiterin der Hilfsorganisation Lesbos Solidarity. Am Freitag wurden zwei Griechen auf Bewährung verurteilt, die Latsoudi online bedroht hatten. «Das wird die Insel verändern.»
Einen Tag nach dem Urteil steht die oberste Flüchtlingshelferin von Lesbos glücklich auf dem Sapfous-Platz der Hafenstadt Mytilini. Rund 500 Menschen sind zur Demonstration gegen Hass, rechte Gewalt und Angst auf der Insel gekommen: Junge, Alte, ganze Familien.
Der Druck auf die kleine Mittelmeerinsel ist immens. Im für 3000 Menschen ausgelegten Flüchtlingscamp Moria, dem «Slum am Rande Europas», sitzen mittlerweile siebenmal so viele fest. «Da kann keiner von uns unter guten Bedingungen leben: die Flüchtlinge nicht und wir auch nicht», kritisiert Cleopatra Mageira (24). «Die Regierung lässt uns im Stich!» Sorgen bereiten der Grundschullehrerin dennoch nicht in erster Linie die Geflüchteten, sondern rechte Gewalt. Anfang der Woche hatten Rechte mit Strassenblockaden und Angriffen auf Freiwillige für Schlagzeilen gesorgt.
«Wir wollen Solidarität mit den Geflüchteten zeigen»
«Wir protestieren gegen die aktuelle Situation, den Aufschwung der Faschisten, und wir wollen unsere Solidarität mit den Geflüchteten zeigen», sagt der Menschenrechtsanwalt und Lehrer Kostas Tsiompanos (40).
«Das ist so traurig. Wir Griechen sind doch gute Leute», findet auch Lena Mapluoupivai (59). Die Hausfrau nimmt an der Kundgebung teil, um ein Zeichen gegen die rechten Attacken zu senden. Gegen 55 der mutmasslichen Blockierer hat die Staatsanwaltschaft mittlerweile ein Strafverfahren wegen Verkehrsbehinderung und illegaler Besetzung von Strassenabschnitten eingeleitet. Doch die Sorge ist gross, dass die Spannungen bleiben.
«Die Insel ist gespalten», sagt der Wirtschaftsprofessor Ionnis Spilanis (63). «Das ist nicht aus dem Moment heraus passiert. Die Regierung hat viel Stimmung gegen Hilfsorganisationen gemacht.»