Die nordwalisische Stadt Llandudno steht unter Quarantäne. Wegen der Coronakrise bleiben die Menschen zu Hause. Die Strassen sind leergefegt. Bis jetzt. Denn nun breitet sich dort jemand anders aus. Nämlich Kaschmirziegen.
Eine Herde von zwölf Tieren spazierte erstmals vergangenen Freitag seelenruhig durch die Innenstadt.
Kein Sicherheitsabstand
Andrew Stuart, der für «Manchester Evening News» tätig ist, entdeckte die Geissli, als sie abends durch die Strassen rannten. «Sie hielten am Trinity Square und entschieden, dass die Hecken dort sehr schmackhaft aussahen», schreibt der Mann auf Twitter. «Ich war mir nicht sicher, ob sie die verlangten zwei Meter Abstand einhielten.»
Der Brite alarmiert die Polizei, die auch prompt mit einem Streifenwagen ausrückte. «Es tut mir leid, wenn die Ziegen verhaftet wurden. Aber sie waren sehr ungezogen», scherzte der Mann, der sich auf Twitter nun selber der «Ziegen-Korrespondent» nennt.
Die Beamten hätten dann versucht, die Tiere dazu zu bringen, wieder auf die Kalksteinklippen Great Orme zurückzukehren. Dort leben die rund 120 Ziegen seit geraumer Zeit und gelten eigentlich als verwildert.
Die menschenleeren Strassen mit viel Grünzeug haben es den Ziegen aber offenbar sehr angetan. «Sie sind neugierig und ich glaube, sie fragen sich wie alle anderen, was los ist», sagt die Städträtin Carol Marubbi zur «BBC».
«Sie versammeln sich in Gruppen von mehr als zwei»
Am Samstag zog die Truppe schon an helllichten Tag durch die Vorgärten und knabberte an den Sträuchern. «Sie sind zurück und versammeln sich in Gruppen von mehr als zwei», postete der Brite erneut auf seiner Twitter-Seite. «Es ist ihnen scheissegal.»
Zwei Tage später war definitiv klar: Die Ziegen haben die Stadt erobert. Komplett ohne Scheu kletterten die weissen Paarhufer auf die Mauern hoch und «legten sich für eine Verdauungspause» in den Kirchenhof, informierte Andrew Stuart seine wegen der Tier-Updates immer grösser werdende Twitter-Community.
Wie lange die Gäste, die sonst menschenscheu sind und darum kaum so nah in die Wohngebiete kommen, in der Stadt bleiben, ist unklar. Die Einwohner scheinen sich jedoch nicht daran zu stören und sind froh um die Coronavirus-Ablenkung. Die Einheimische Lilah Mason sagt: «Einige haben ein paar Blumen verloren, aber es ist ein fairer Preis dafür, sie so nah sehen zu dürfen.» (man)