2023 war nach einem neuen Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) ein «schreckliches» Jahr für die Menschenrechte. In ihrem am Donnerstag veröffentlichten, mehr als 700 Seiten starken Report hob HRW das «enorme Leid» hervor, das der Gazakrieg zwischen Israel und der Hamas sowie die Konflikte in der Ukraine, in Myanmar, Äthiopien und der afrikanischen Sahel-Region verursacht hätten.
Auch der Nahost-Krieg wird in dem Report diskutiert. Am 7. Oktober startete die Hamas einen Grossangriff auf Israel. «Israels Regierung reagierte, indem sie die Wasser- und Stromversorgung der 2,3 Millionen Zivilisten im Gazastreifen unterbrach und die Einfuhr von allem bis auf einen Bruchteil an Treibstoff, Lebensmitteln und humanitärer Hilfe blockierte – eine Form der kollektiven Bestrafung, die ein Kriegsverbrechen darstellt», hiess es im HRW-Bericht.
«Mehrere Trends der Erosion der Menschenrechte»
Die Organisation sprach zudem von einer Doppelmoral unter den zumeist westlichen Ländern, die zwar den Angriff der Hamas scharf verurteilt hätten, sich aber anschliessend mit ihrer Kritik am israelischen Krieg gegen die Palästinenserorganisation zurückhielten. «Viele der Regierungen, die Kriegsverbrechen der Hamas verurteilt haben, reagierten zurückhaltend auf die Kriegsverbrechen der israelischen Regierung», hiess es.
«2023 war ein unglaublich schwieriges Jahr für die Menschenrechte», sagte HRW-Chefin Tirana Hassan der Nachrichtenagentur AFP. «Wir haben mehrere Trends der Erosion der Menschenrechte gesehen.»
«Nichts anderes als Heuchelei»
Der Bericht verglich auch die Reaktionen etwa auf die Menschenrechtssituation im Sudan und in der Ukraine. «Aufforderungen, nach erneuter Gewalt im Sudan der Rechenschaftspflicht im Uno-Menschenrechtsrat Vorrang einzuräumen, stiessen bei arabischen Staaten auf heftigen Widerstand und wurden von afrikanischen Regierungen weitgehend zurückgewiesen», führte die Organisation aus. «Westliche Regierungen zögerten zunächst, auf einen Rechenschaftsmechanismus im Sudan zu drängen, und waren nicht bereit, die Ressourcen oder Anstrengungen einzusetzen, die sie unmittelbar nach der umfassenden Invasion Russlands im Jahr 2022 für ein ähnliches Gremium für die Ukraine aufgewendet hatten.»
In dem Dokument weist die Organisation zudem auf die vom Klimawandel und wirtschaftlicher Ungleichheit verursachten Schäden hin. «Das Jahr 2023 war das heisseste seit Beginn der weltweiten Aufzeichnungen im Jahr 1880 und die Flut von Waldbränden, Dürren und Stürmen richtete verheerende Schäden in Gemeinschaften von Bangladesch über Libyen bis Kanada an», erklärte HRW.
Der Report kritisiert überdies die Europäische Union für ihre umstrittene Migrationspolitik. Wenn «westliche Staaten und EU-Mitglieder Menschenrechtsverletzungen ignorieren (...), ist das nichts anderes als Heuchelei», sagte HRW-Chefin Hassan der AFP. (AFP)