Kemal Kilicdaroglu (74) ist ausser sich. Der türkische Oppositionsführer echauffiert sich zwei Tage vor den Präsidentschaftswahlen in der Türkei auf Twitter. Und das auf Russisch! Der Grund: Russland soll sich in die Wahlen eingemischt haben.
«Liebe russische Freunde, Sie stecken hinter den Montagen, Verschwörungen, Deep-Fake-Inhalten und Aufnahmen, die gestern in diesem Land aufgedeckt wurden», prangert er den Kreml an. «Wenn ihr wollt, dass unsere Freundschaft auch nach dem 15. Mai fortbesteht, dann lasst die Finger vom türkischen Staat», droht er – und beschwichtigt sogleich: «Wir sind immer noch für Zusammenarbeit und Freundschaft.»
Spricht Kilicdaroglu gefälschtes PKK-Video an?
Seine Aussagen könnten im Zusammenhang mit einem gefälschten Video stehen, das der amtierende türkische Präsident, Recep Tayyip Erdogan (69), an einer Wahlkampfveranstaltung vergangene Woche gezeigt hat.
In dem Video soll Oppositionsführer Kilicdaroglu sagen: «Lasst uns gemeinsam zur Wahlurne gehen.» Nach ein paar Sekunden erfolgt ein Schnitt zu einer Person in Militäruniform. Die Sequenz scheint immer noch Teil von Kilicdaroglus Wahlkampfvideo zu sein. Dabei handelt es sich um Murat Karayilan (68), Mitbegründer und Führungspersönlichkeit der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Das ist eine militante kurdische Organisation, die von der EU und den USA als terroristische Organisation eingestuft wird.
Erdogan wollte damit wohl seinen Widersacher mit der PKK in Verbindung bringen, um diesem zu schaden. Doch Experten der «Deutschen Welle» haben bestätigen können, dass das Wahlkampfvideo manipuliert wurde.
Wie Kilicdaroglu und seine Partei CHP herausgefunden haben, dass Russland hinter den Fakes stecken soll, und ob er tatsächlich diesen Vorfall anspricht, bleibt vorerst offen. Am Freitagmittag reagiert Erdogan und fordert Kilicdaroglu dazu auf, sich für die getätigte Aussage zu der Wahleinmischung «zu schämen».
Russland zu Vorwürfen: «Kennen den Grund nicht»
Der Sprecher von Kremlchef Wladimir Putin (70), Dmitri Peskow (55), äusserte sich gegenüber Radio Majak verwirrt über die Vorwürfe. «Ich weiss nicht, was der Grund für diese Anschuldigungen ist.» Man schätze die bilateralen Beziehungen mit der Türkei sehr. «Deshalb weisen wir solche Äusserungen entschieden zurück. Wir verkünden offiziell, dass von einer Einmischung keine Rede sein kann. Wenn jemand solche Informationen an Herrn Kilicdaroglu weitergegeben hat, ist er ein Lügner.»