Laschet vs. Söder
Unions-Machtkampf zur Unzeit

Die Kanzlerin will sich nicht einmischen an diesem womöglich entscheidenden Tag im Machtkampf um die Kanzlerkandidatur der Christdemokratie vor der Bundestagswahl im September.
Publiziert: 13.04.2021 um 17:35 Uhr
Markus Söder (CSU, l), Ministerpräsident von Bayern und CSU-Vorsitzender, und Armin Laschet, CDU-Bundesvorsitzender und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, ringen um die Kanzlerkandidatur. Foto: Michael Kappeler/dpa
Foto: MICHAEL KAPPELER

Ob die Auseinandersetzung zwischen den Chefs von CDU und CSU, Armin Laschet und Markus Söder, dazu führen könne, dass die Union das Kanzleramt verliere, wird Angela Merkel von einer Reporterin gefragt. «Ich wollte, will und werde mich da heraushalten», antwortet die frühere CDU-Chefin knapp. Sie berichtet stattdessen über den Kabinettsbeschluss zur deutschlandweiten Corona-Notbremse, mit der die dritte Pandemiewelle eingedämmt werden soll.

Das Ringen um die Frage, wer für die CDU/CSU bei der Bundestagswahl im September nach ihren 16 Jahren Kanzlerschaft die Regierungszentrale gegen Grüne und SPD verteidigen soll, kann Merkel, die nicht mehr antritt, nicht gefallen. Die Umfragewerte abgestürzt, der Vorsitzende der eigenen Partei in den persönlichen Werten weit hinter denen des CSU-Chefs. Die Uneinigkeit dürfte die Umfragewerte noch weiter nach unten treiben. Doch Merkel schweigt - wie sie auch geschwiegen hat, als es im Januar um die Nachfolge an der CDU-Spitze ging.

Seit der offiziellen Erklärung beider Parteivorsitzender am Sonntag, als Kanzlerkandidaten bereitzustehen, ist es mit Ruhe und Frieden in der Union vorbei. Und eine Frage, wie auch immer das Duell Laschet gegen Söder am Ende ausgeht, ist eben: Was bedeuten die Querelen für die Wahlchancen der CDU/CSU bei der Bundestagswahl im September?

Die Strategen bei Grünen und SPD dürften den Machtkampf in der Union mit grossem Interesse, aber auch mit einer gewissen Gelassenheit beobachten. Die SPD hat mit Olaf Scholz schon seit vergangenen Sommer einen Kanzlerkandidaten. Der Grünen-Vorstand will am 19. April vorschlagen, wer von den beiden Parteichefs Annalena Baerbock und Robert Habeck die Grünen-Kanzlerkandidatur übernehmen soll - die beiden wollen sich bis spätestens dahin untereinander einigen. Und ausgerechnet bei CDU und CSU, bei denen manche tiefe Gräben der Vergangenheit eigentlich endgültig überwunden schienen, nun das.

«Die Leute haben den Eindruck, denen geht es nicht mehr um die Bekämpfung der Pandemie, sondern um Ämter und Macht», sagt ein altgedienter Unions-Stratege. «Das ist verheerend.» Ein zu langes Weiterführen des «Bruderkampfes» dürfe es auf keinen Fall geben.

Auch bei einem Online-Treffen der sogenannten Gruppe 17 in der Unionsfraktion - jener Abgeordneten, die nach der Bundestagswahl 2017 ins Parlament eingezogen sind - gibt es nach dpa-Informationen Kritik daran, dass sich die Präsidien von CDU und CSU nicht vorab auf einen Kandidaten geeinigt haben. Beide Seiten, heisst es, hätten schon in den vergangenen Wochen ein geeignetes Verfahren festlegen sollen.

Die Sorge ist gross, dass die Menschen im Land diesen Kampf - egal wie er ausgeht - bei der Bundestagswahl nicht goutieren werden. Dass das Bild, dass die CDU/CSU seit Sonntag abgibt, kein gutes ist, diese Einschätzung herrscht im Übrigen, übereinstimmend, in beiden Schwesterparteien. Denn zuletzt hatte schon die Maskenaffäre rund um dubiose Geschäfte mehrerer Unionspolitiker viele Bürger nachhaltig verärgert.

Laschet versuchte am Montag, aufs Tempo zu drücken. Mit der Unterstützung von CDU-Präsidium und -Vorstand im Rücken kündigte er an, umgehend mit Söder sprechen zu wollen. Der hatte ja am Sonntag gesagt, er würde nur antreten, wenn die CDU dies breit unterstütze.

Am Montag definiert der Bayer dann, was er selbst unter einer Vorentscheidung versteht: Die gemeinsame Bundestagsfraktion von CDU und CSU soll ins Boot geholt werden. Laschet hatte eigentlich nicht geplant, dorthin zu gehen, Söder schon - am Ende sind nachmittags dann natürlich beide dort.

Söder in der Hoffnung, dass sich eine kritische Masse von CDU-Abgeordneten für ihn ausspricht. Und Laschet in der Hoffnung, dass genau dies nicht passiert, dass das Votum der CDU-Spitze Bestand hat und der Weg zu seiner eigenen Kanzlerkandidatur frei ist. Söder sagt nach Angaben von Teilnehmern: «Für mich gehört es zur Selbstverständlichkeit, dass Abgeordnete gehört werden. Und deswegen bin ich heute da.»

Eine förmliche Abstimmung in der Fraktion sollte es - so heisst jedenfalls vorher - nicht geben. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hatte ausdrücklich davor gewarnt, auch im Rückblick auf 1979: Damals waren auf der Suche nach einem Unions-Kanzlerkandidaten jegliche Vermittlungsversuche gescheitert - woraufhin die Fraktion den damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauss zum Kanzlerkandidaten kürte, gegen Niedersachsens CDU-Regierungschef Ernst Albrecht. Am Ende verlor die Union die Wahl 1980 gegen den seit 1974 amtierenden SPD-Kanzler Helmut Schmidt.

Ausserdem: Bei einer Abstimmung in der Fraktion wäre die Gefahr der Spaltung der Union in zwei Lager ausgerechnet im Bundestagswahljahr enorm. Das dürfte viele Anhänger erst Recht vergraulen. Zudem wäre dann wohl zumindest der neue CDU-Vorsitzende Laschet massiv beschädigt. Ob er dann einfach so weitermachen könnte?

Eine Niederlage im Herbst will die Union natürlich unter allen Umständen vermeiden. Immerhin sind sich beide Schwesterparteien dem Vernehmen nach einig, dass die K-Frage bis Ende der Woche entschieden sein soll. Doch wie und auf welche Weise ist am Dienstag völlig offen.

(SDA)

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