Kurz vor seiner Ermordung
Halbbruder von Kim Jong Un wollte Schweizer werden

In einer BBC-Dokumentation sprechen zwei ehemalige Schulfreunde aus Genf darüber, dass sich Kim Jong Nam um seine Sicherheit sorgte und deshalb in die Schweiz ziehen wollte.
Publiziert: 16.08.2017 um 21:11 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 19:08 Uhr
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Kim Jong Nam und Anthony Sahakian waren seit ihrer Kindheit befreundet. Sie hatten sich in Genf kennengelernt.
Foto: Screenshot Youtube
Simona Boscardin

Im Februar dieses Jahres wird Kim Jong Nam am Flughafen von Kuala Lumpur von zwei Frauen mit einem Nervengift angegriffen und getötet. Eine BBC-Dokumentation, die am Montag erstmals ausgestrahlt wurde, zeigt, dass der Halbbruder des nordkoreanischen Diktators Kim Jong Un in die Schweiz ziehen wollte.

«Ich sehe dich in Genf», soll Kim Jong Nam seinem Schulfreund Mischa Aznavour, dem Sohn des Schauspielers und Sängers Charles Aznavour, vor seinem Tod geschrieben haben. Zu dem Treffen ist es nie gekommen. 

Er ging in Genf zur Schule

Mit 15 Jahren wurde Kim Jong Nam von seinem Vater Kim Jong Il nach Genf geschickt, um dort die Internationale Handelsschule zu besuchen. Da er aus einer Affäre zwischen seinem Vater und einer berühmten nordkoreanischen Schauspielerin hervorging, wurde seine Existenz in Nordkorea geheim gehalten. 

In seiner Zeit in Genf fand Kim Jong Nam Gefallen am westlichen Lebensstil. «Wir wussten zuerst nicht, dass er der Sohn von Kim Jong Il war. Ich glaube, wir wussten nicht einmal, dass er Koreaner war», sagt Mischa Aznavour. 

Wie ein ehemaliger Leibwächter des verstorbenen Vaters der Halbbrüder vor einem Jahr in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger» sagte, studierte auch Kim Jong Un zeitweise in Genf.

«Er war ein guter Junge»

Nach zwei Jahren holte der Vater Kim Jong Nam wieder zurück nach Nordkorea, wo er ihn der Familie offenbarte. Danach sollte er in die Fussstapfen des Vaters treten. Doch das Ganze war zu viel für den 17-Jährigen: «Es braucht einfach gewisse Fähigkeiten, wenn man ein Land so zusammenhält, wie es die Kims mit Nordkorea tun. Er hatte diese Fähigkeiten nicht. Er war ein guter Junge», sagt Anthony Sahakian, ebenfalls ein Schulfreund aus der Zeit in Genf.

Als der Vater begriff, dass Kim Jong Nam nicht aus dem Holz war, aus dem Diktatoren geschnitzt sind, durfte er nach China gehen. Doch auch dort hatte ihn seine Familie im Blick. Nachdem er sich öffentlich für Reformen und kritisch zur Machtübernahme seines Halbbruders Kim Jong Un äusserte, fiel er in Ungnade. 

«Er machte sich Sorgen um seine Sicherheit»

Wie die BBC-Dokumentation zeigt, hatte Kim Jong Nam geahnt, dass ihm etwas Schlimmes zustossen würde. «Er machte sich Sorgen um seine Sicherheit, deswegen wollte er hierherkommen und Schweizer werden», sagt Aznavour in der BBC-Dokumentation. 

«War er beunruhigt? Ich denke schon. Er würde nicht darüber sprechen, nach Europa zu ziehen, wenn er nicht ein wenig Angst hätte», sagt Sahakian. Kim Jong Nam habe sich in der Schweiz viel sicherer gefühlt.

Nordkorea bestreitet bisher jegliche Beteiligung an dem Vorfall. Die beiden Frauen aus Vietnam und Indonesien, welche für den Tod von Kim Jong Nam verantwortlich sind, werden am 2. Oktober 2017 wegen Mordes hingerichtet. 

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