Der revolutionäre Elan der frühen Tage ist nach 60 Jahren verblasst. Kuba sucht nach einem Weg, um das Erbe der Revolution angesichts enormer wirtschaftlicher Probleme auch für die Zukunft zu wahren.
Die Zeiten sind kompliziert und die Enttäuschten zahlreich. Für Dissidenten wie Vladimiro Roca, Sohn des 1987 verstorbenen KP-Mitbegründers Blas Roca, steht fest: "Die Revolution ist seit langem tot".
Viele ausländische Staaten sehen mit Argwohn auf Kuba, die USA setzen die Blockade fort, und auch der politische Rechtsruck auf dem lateinamerikanischen Halbkontinent macht der Regierung in Havanna zu schaffen.
Jubiläum ohne Castro
Der sozialistische Karibikstaat begeht den runden Jahrestag ohne den Ende 2016 verstorbenen Revolutionsführer Castro. In der als Wiege der Revolution geltenden Stadt Santiago de Cuba im Süden des Landes wird sein jüngerer Bruder Raúl Castro die Rede auf dem Friedhof halten, wo der "Líder Máximo" begraben ist.
Präsident ist inzwischen der 58-jährige Miguel Díaz-Canel. Auf Twitter schrieb er am Donnerstag: "Die Revolution ist unbesiegbar, sie wächst und besteht fort", ergänzt um sein Lieblings-Hashtag #Somoscontinuidad (Wir sind Kontinuität).
Díaz-Canel kann freilich nicht verbergen, dass Kuba mit schweren wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen hat. So wie es ist, soll es nicht bleiben. Am 24. Februar stimmt die Bevölkerung über einen Verfassungsentwurf ab, der Privateigentum, Markt und ausländische Investitionen anerkennt.
Der Text hält allerdings zugleich fest, dass Kuba "niemals" zum Kapitalismus zurückkehren wird. Ziel ist demnach eine "kommunistische" Gesellschaft, und die allein regierende Kommunistische Partei bleibt die führende Kraft. Die derzeitige Führung will sich so die Macht sichern.
Die Revolution hat ausgedient
Für den Leiter des Instituts für kubanische Studien der Internationalen Universität Florida, Jorge Duany, handelt es sich um "einen Castrismus ohne Castro". Das historische Erbe der Revolution erscheint ihm "sehr abgenutzt - sowohl politisch als auch wirtschaftlich".
Auch der Dissident Roca, der zwischen 1997 und 2002 inhaftiert war, sieht keine grosse Zukunft mehr für die Revolution. Er sagt voraus, dass sie "unter ihrem eigenen Gewicht verlöschen" werde. Die Jugend habe "die Nase voll" von der Revolution, ihr sage das alles nichts, und aus dem Ausland gebe es "keinerlei Unterstützung mehr".
Der Kuba-Experte Arturo López-Levy, Professor an der Universität Gustavus Adolphus College im US-Bundesstaat Minnesota, erinnert hingegen daran, dass die Revolution dem seit 1962 anhaltenden Wirtschaftsembargo der USA widerstanden habe. Sie habe es verstanden, sich zu "transformieren", und ihre Fähigkeit gezeigt, sich "anzupassen", indem sie auf die Herausforderungen mit geeigneten Massnahmen reagierte.
Regierung vor Herausforderungen
"Anpassung" ist auch heute ein Schlüsselbegriff. Díaz-Canel wird nicht müde zu betonen, dass die Hauptschlacht an der Wirtschaftsfront geschlagen wird. Das Wachstum stagniert um ein Prozent - nicht ausreichend, um die unter dem Mangel leidenden Bedürfnisse der Bevölkerung zu erfüllen.
Kuba, einst weltgrösster Zuckerproduzent, musste jüngst Zucker aus Frankreich importieren. In den vergangenen Wochen verschwanden Eier, Reis und Mehl aus den Regalen. Der krisengeschüttelte Verbündete Venezuela hat Schwierigkeiten, mit den Erdöllieferungen nachzukommen.
In diesem Zusammenhang liegt die Herausforderung für Díaz-Canel und sein Team in der Umsetzung einer widersprüchlichen Politik. Die Revolution institutionalisiert sich, die Kommunistische Partei baut eine Marktwirtschaft auf und erlaubt den Menschen, sich zu bereichern - in einer Gesellschaft, die lange Zeit egalitär sein wollte.
Für López-Levy liegt die Herausforderung darin, "die Quadratur des Kreises zu bewältigen, um dem Zusammenbruch zu entgehen".