Stärkste politische Kraft wurde die konservative Oppositionspartei HDZ mit 59 Sitzen vor den regierenden Sozialdemokraten (SDP) mit 56 Mandaten, wie die Wahlkommission am Montag in Zagreb mitteilte.
Beide Parteien sind aber für den Fall einer Regierungsübernahme auf eine Zusammenarbeit mit der erstmals angetretenen Partei MOST (Brücke) angewiesen. Diese erlangte bei der Wahl 19 Mandate.
MOST ist eine Bürgerallianz von Reformern. Ihre führenden Köpfe sind keine Politiker, sondern Bürger, die die Nase von der Misswirtschaft der beiden grossen Parteien voll haben. MOST ist die erste ernstzunehmende Alternative zu Sozialdemokraten und Konservativen.
Die Regierungsbildung wird kompliziert, weil MOST-Politiker nach der Wahl ebenso wie im Wahlkampf sagten, nicht mit einer der beiden grossen Parteien eine Koalition eingehen zu wollen. Unterstützt werde die Partei, die das Reformpaket von MOST akzeptiere und umsetze. Es geht um eine Verkleinerung des aufgeblähten öffentlichen Dienstes, eine Justizreform, um politische Einflüsse zurückzudrängen, sowie um ein neues Steuer- und Abgabensystem.
Das Parlament hat einschliesslich der acht reservierten Mandate für die Vertreter der Minderheiten insgesamt 151 Sitze. Für eine Mehrheit sind 76 Abgeordnetenmandate notwendig.
Da eine grosse Koalition wegen der tiefen politischen Feindschaft der beiden bisherigen Grossen ausgeschlossen wird, hängt alles an MOST. Sollte keine Einigung mit der drittstärksten politischen Kraft möglich sein, könnten schon im Januar Neuwahlen anstehen, erwarteten kroatische Kommentatoren.
«MOST entscheidet» und «Ohne MOST keine Regierung», fassten die Zeitungen am Montag die nicht erwartete Sensation auf den Titelseiten zusammen. Ihr Vorsitzender ist Bozo Petrov, der als Bürgermeister die Finanzen der Adriastadt Metkovic saniert hatte.
Gemeinsam mit anderen Lokalpolitikern hatte er sich zur neuen Reformpartei zusammengeschlossen. «Sein grösstes Startkapital ist seine junge, ehrliche und nicht kompromittierte Person», schrieb die auflagenstarke Zeitung «24sata» am Montag.
Der Wahlkampf war unter anderem von der Flüchtlingskrise geprägt. Von Griechenland aus kommen täglich Tausende Flüchtlinge über die sogenannte Balkanroute nach Kroatien, von wo aus sie weiter nach Österreich und Deutschland reisen wollen. Seit Ende September durchquerten so fast 350'000 Flüchtling das Land.
Das von den Sozialdemokraten angeführte Mitte-links-Bündnis von Regierungschef Zoran Milanovic zeigte Flüchtlingen gegenüber Mitgefühl, gegenüber den Nachbarländern, die sich die Flüchtlinge gegenseitig zuschoben, dagegen Härte. Das stiess in der Bevölkerung auf Sympathien.
Die Wähler kreiden der Regierung jedoch an, dass sie den Staatssektor seit 2011 nicht reformiert und das Geschäftsklima zu wenig gestützt habe. In der Wirtschaftspolitik konnte die Regierung Milanovic auf nur wenig Erfolge verweisen.