Nur einen Tag nach dem Putsch im Sudan hat der Präsident des militärischen Übergangsrates, Awad Ibn Auf, seinen Rücktritt verkündet. Ibn Auf kündigte am Freitagabend in einer kurzen Fernsehansprache an, dass der ranghohe Militär Abdel Fattah Burhani die Leitung des Übergangsrates übernehmen solle.
Ibn Auf war erst am Donnerstagabend als Präsident des militärischen Übergangsrates vereidigt worden und damit faktisch auf Omar al-Baschir gefolgt, der nach fast 30 Jahren als Präsident des Landes am Donnerstagmorgen für abgesetzt erklärt und festgenommen worden war. Ibn Auf war zuvor Verteidigungsminister al-Baschirs.
Al-Baschir wurde festgenommen. Ihm soll im Sudan der Prozess gemacht werden. Eine Auslieferung an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, der ihn wegen Kriegsverbrechen während des Darfur-Konfliktes im Westsudan sucht, lehnt das Militär ab.
Massenproteste gehen weiter
Der Übergangsrat soll zwei Jahre im Amt bleiben und Wahlen vorbereiten. Die Opposition, die mit ihren Strassenprotesten zum Sturz al-Baschirs beigetragen hatte, drängt aber auf einen schnelleren Wandel. In New York beschäftigte sich am Freitag der Uno-Sicherheitsrat in einer Sitzung hinter verschlossenen Türen mit den Ereignissen in dem Land.
Oppositionsgruppen hatten den Putsch verurteilt und eine zivile Übergangsregierung gefordert. Auch nach der Absetzung al-Baschirs setzten sich die Massenproteste fort, und erneut gingen in der Hauptstadt Khartum am Freitag tausende Menschen des muslimisch geprägten Landes auf die Strassen, forderten eine zivile Regierung und riefen zu Massengebeten auf.
Zuvor hatten viele die Nacht in Zelten vor dem Verteidigungsministerium verbracht und sich damit der vom Militär verhängten Ausgangssperre widersetzt.
Nach Angaben der Generaldirektion für Nationale Sicherheit wurden 27 Polizisten verletzt, vier von ihnen schwer. 108 Menschen seien festgenommen worden. Die Behörde teilte mit, sie hätten Steine auf Polizisten geworfen und mehrere Polizeiautos beschädigt.
EU fordert politischen Prozess
Omar Sain al-Abdin, der dem politischen Komitee des Militärrates vorsitzt, versprach einen Dialog mit den politischen Gruppierungen. Auch mit den Demonstranten vor dem Ministerium, auf dessen Gelände sich die Präsidentenresidenz befindet, sollten Gespräche geführt werden. Seinen Worten zufolge sollen ferner diejenigen vor Gericht gestellt werden, die Demonstranten töteten.
Aus dem Ausland kamen nach dem Putsch mahnende Worte: «Ich rufe die Regierung auf, auf die Forderungen der Menschen einzugehen», sagte Uno-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet. «Es müssen gemeinsame Anstrengungen unternommen werden, unter sinnvoller Beteiligung der Zivilgesellschaft, um die beklagten Missstände zu beseitigen.»
Die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini erklärte am Donnerstagabend, nur ein «glaubwürdiger» politischer Prozess könne den Erwartungen der sudanesischen Bevölkerung gerecht werden.
Und die USA riefen die neuen Machthaber auf, Zivilisten an der Regierung zu beteiligen. Nach Angaben des Aussenministeriums legten die USA Gespräche mit Khartum auf Eis, in denen es darum ging, ob der Sudan von einer Liste von Staaten genommen wird, denen eine Unterstützung des Terrorismus vorgeworfen wird.
Auslöser der Massenproteste war im Dezember eine Erhöhung der Benzin- und Brotpreise gewesen. Der Sudan mit rund 41 Millionen Einwohnern gehört zu den 25 ärmsten Länder der Welt und befindet sich in einer schweren Wirtschaftskrise.
Seit vergangenem Samstag spitzten sich die Demonstrationen mit einer Sitzblockader Zehntausender vor der Militärzentrale und Residenz al-Baschirs in Khartum zu. Tausende wurden festgenommen. Nach Angaben des Uno-Hochkommissariats für Menschenrechte kamen bei den Protesten seit Dezember schon bis zu 70 Menschen ums Leben. (SDA)