Kriegszone Baltimore
Verfeindete Gangs verbünden sich gegen die Polizei

Zuerst war es friedlich – jetzt sind die Proteste in Baltimore nach dem Tod des Schwarzen Freddy Gray (†25) in Gewalt umgeschlagen. Gangs sollen sich im Kampf gegen die Polizei verbündet haben.
Publiziert: 28.04.2015 um 10:54 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 22:46 Uhr
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Bei den Unruhen in Baltimore wurden bisher 15 Polizisten verletzt. Dutzende Menschen wurden festgenommen.
Foto: Reuters

Vermummte Jugendliche ziehen durch die Strassen, Sirenen heulen, Helikopter kreisen über der Stadt: Die zunächst friedlichen Proteste nach dem Tod des Afroamerikaners Freddie Gray (†25) in Polizeigewahrsam sind in der US-Stadt Baltimore in offene Gewalt umgeschlagen. Gebäude gingen in der Nacht in Flammen auf, Geschäfte wurden geplündert, Polizisten angegriffen.

Die Polizei sprach von den schwersten Unruhen in der Metropole seit Jahrzehnten. Augenzeugen meinten, Teile der Stadt hätten sich in eine «Kriegszone» verwandelt. Die Behörden haben eine Ausgangssperre verhängt, die Nationalgarde soll mit 5000 Soldaten möglichst rasch einschreiten.

«Gangs und Diebe ziehen durch die Strassen»

«Die Nationalgarde ist das letzte Mittel, um die Ordnung wiederherzustellen», sagte Gouverneur Larry Hogan gestern Abend. Es handle sich nicht um Proteste und Demonstrationen, «das sind Gangs und Diebe, die durch die Strassen ziehen». Das könne nicht toleriert werden.

Über soziale Netzwerke verbreitete Botschaften legten den Verdacht nahe, dass kriminelle Banden hinter den Krawallen steckten. Die Polizei hatte vor den Krawallen erklärt, es gebe «eine glaubwürdige Drohung», dass die Banden eine «Partnerschaft» eingegangen seien, um die Polizei herauszufordern.

War eine «Purge» der Auslöser?

Die Welle der Gewalt könnte durch eine sogenannte «Purge» ausgelöst worden sein, wie Polizeichef Anthony W. Batts der «New York Times» sagte. Der Ausdruck bezieht sich auf den blutigen Science-Fiction-Film «The Purge» (Deutscher Titel: «Die Säuberung») von 2013. In dem im Jahr 2022 spielenden Thriller wird eine Nacht beschrieben, in der jegliche Kriminalität vom Staat ausdrücklich erlaubt und straffrei ist.

In den letzten Jahren gab es in den USA immer wieder Gerüchte und Ankündigungen von «Purges». Den Ausschreitungen in Baltimore soll laut dem Polizeichef tatsächlich eine solche «Säuberung» im Mondawmin-Einkaufszentrum stattgefunden haben. Jugendliche hätten sich mit rund 200 Polizisten eine Auseinandersetzung geliefert und diese mit Steinen und Ziegeln beworfen.

Grays Tod bleibt im Dunkeln

Nur Stunden zuvor war der 25-jährige Afroamerikaner Freddie Gray zu Grabe getragen worden. Gray war am 12. April festgenommen worden, wenig später erlitt er in Polizeigewahrsam eine Rückenmarkverletzung. Nach Angaben der Behörden fiel er später ins Koma und starb am 19. April im Spital. Einzelheiten seines Todes liegen noch immer im Dunklen.

Offenbar wurde die Polizei von der Welle der Gewalt in der 620'000-Einwohner-Stadt, in der vielerorts Armut herrscht, völlig überrascht. Reporter berichteten in der Nacht von einem Grossfeuer im Osten der Stadt. Anwohner meinten allerdings, es sei nicht klar, ob der Brand mit den Unruhen zusammenhänge.

Nach Angaben lokaler Medien handelt es sich dabei um ein noch nicht fertiggestelltes kirchliches Seniorenzentrum. Bereits kurz zuvor ging eine grosse Apotheke in der Innenstadt in Flammen auf.

Die Ereignisse wecken Erinnerungen an die schweren Unruhen im vergangenen Sommer in Ferguson in Missouri. Damals hatte ein weisser Polizist den unbewaffneten schwarzen Teenager Michael Brown erschossen - die Tat wurde zum Fanal. Immer wieder erschüttern seitdem Berichte über Polizeibrutalität gegen Schwarze das Land.

Plünderer stürmen Geschäfte

Der TV-Sender CNN zeigte Bilder von Plünderern, die in Baltimore mit vollgepackten Plastiktüten aus Geschäften stürmten. Autos wurden in Brand gesetzt. TV-Kommentatoren meinten, offensichtlich sei die Polizei überfordert gewesen. Die Unruhen brachen den Angaben zufolge an mehreren Orten der Stadt aus.

Tausende Polizisten waren im Einsatz, 15 von ihnen wurden verletzt. Nach Angaben der Polizei gab es mehr als zwei Dutzend Festnahmen. Der Tod Grays hatte vergangene Woche zunächst eine Serie friedlicher Demonstrationen ausgelöst, erst am Wochenende war die Lage erstmals eskaliert.

Die Ausgangssperre solle ab heute für eine Woche von 22 Uhr abends bis 5 Uhr morgens gelten, erklärte Bürgermeisterin Stephanie Rawlings-Blake. Die Massnahme soll dabei helfen, die Gewalt in den Griff zu bekommen. (eg/SDA)

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