Der schwimmende Riese Viking Sky geriet am Samstag vor der Küste Norwegens in Seenot – in einem Gebiet, das als gefährlich gilt! Die Passagiere hatten 24 Stunden lang Angst – die Kreuzfahrtgesellschaft nun mächtig Ärger am Hals.
Nun ermittelt die norwegische Transportunfalluntersuchung. Das bestätigt die Polizei gegenüber der Zeitung «Verdens Gang». Grund für die Untersuchung sei das hohe Risiko, dem die Passagiere an Bord und das Schiff selber ausgesetzt waren.
«Evakuierung per Rettungsboot wäre Selbstmord gewesen»
Wolfgang Gregor ist Autor eines Buchs über Kreuzfahrten und war selbst jahrelang als Kapitän auf See. Der Deutsche kennt den betroffenen Küstenabschnitt Hustadvika sehr gut, wie er zu BLICK sagt. Deshalb weiss er: «Eine Evakuierung mit Rettungsbooten wäre Selbstmord gewesen. Die Boote hätten bei dem schweren Seegang nicht ausgesetzt werden können oder wären an der Bordwand zerschellt.» In solchen Fällen sei das Schiff selber das Rettungsboot.
Das Ereignis erinnere ihn stark an die Kollision der Costa Concordia im Jahr 2012. Zwar sei bei der Viking Sky die Schuldfrage noch nicht geklärt, aber eines könne er mit Sicherheit sagen: «Der Abstand zur Küste war viel zu gering.»
«Dann stimmt etwas nicht!»
Auf Videos ist zu sehen, wie sich beim starken Wellengang Teile der Deckenverkleidung lösen. Das irritiert den Experten: «Wenn sich bei einer Windstärke von acht bis neun die Decke löst und die Fenster einbrechen, dann stimmt etwas nicht!» Seit der Costa-Concordia-Kollision seien die Schiffe strukturell sicherer geworden. Dafür werde jetzt beim Aufbau der Schiffe gespart, indem mehr Aluminium und Plastik eingesetzt werde als Stahl – was weniger stabil sei.
Dass die Menschen nun das Vertrauen in die Kreuzfahrt verlieren, denkt Ex-Kapitän Gregor nicht. «Vielleicht gibt es kurzfristig einen Buchungs-Knick. Langfristig gesehen hat der Fall Costa Concordia aber bewiesen, dass es weiter geht wie bisher», sagt er.
«Ich wurde etwa 30 Meter in die Luft hochgezogen»
Ob die betroffenen Passagiere jemals wieder ein Kreuzfahrtschiff betreten, ist fraglich. Einige der 1373 Passagiere an Bord der Viking Sky hatten Todesangst. Meterhohe Wellen brachten das Schiff stark ins Schwanken, an einigen Orten drang Wasser ins Innere.
Eine der evakuierten Personen ist Beth Clark. «Ein Mann aus dem Helikopter stieg zu mir herunter, befestigte mich an einem Gürtel und sagte, ich solle mich festhalten. Dann wurde ich etwa 30 Meter in die Luft hochgezogen. Sobald ich oben war, haben sie mich gepackt und wie einen Sack Kartoffeln hineingezogen», sagt sie gegenüber CNN.
«Ich habe gedacht: Das ist das Ende»
Auch das Paar Rodney Horgen (62) und Judy Lemieux (66) aus dem US-Bundesstaat Minnesota wurde per Helikopter gerettet. Nach der Rettung spricht Horgen mit der britischen Zeitung «Daily Mirror» über die dramatischen Szenen an Bord. Das Restaurant im siebten Stock sei überflutet worden. «Leute kippten auf ihren Stühlen um, Teller und Gläser zerbrachen. Ich stand da, meine Frau sass vor mir, und plötzlich war sie weg. Ich dachte: Das ist das Ende.»
Judy Lemieux sagt, eine zwei Meter hohe Welle sei durch das Restaurantfenster auf sie zugekommen. Die Kraft des Wassers sei so stark gewesen, dass sie weggefegt wurde. «Dann flog ein Stuhl mit den Beinen voran auf mich zu. Ich dachte, er würde mir die Augen herausreissen. In letzter Sekunde konnte mich Rod packen», schildert sie.