Wenn die Ukrainer und Russen derzeit über Frieden verhandeln, sitzt Leonid Sluzki (54) immer mit am Tisch. Seit 1999 im russischen Parlament, der Duma, ist er mittlerweile zum Vorsitzenden der Abteilung für internationale Angelegenheiten aufgestiegen. Nachdem Russland die Ukraine am 24. Februar angegriffen hat, verhandelt Sluzki als Mitglied der russischen Delegation mit den Ukrainern über den Frieden – bislang ohne nennenswerte Fortschritte.
Kein Wunder. Sluzkis Hauptaufgabe in den letzten Jahre bestand darin, westliche Politiker von der Legalität der Krim-Annexion im Jahr 2014 zu überzeugen.
2014 war er auch einer der ersten Russen, der auf internationale Sanktionslisten gesetzt wurde. Fortan war es Unternehmen untersagt, mit Sluzki Geschäfte zu tätigen. Auch in der Schweiz. Das schadete seinem innenpolitischen Ansehen aber überhaupt nicht, sodass er nun im Rampenlicht steht. «Wir sehen signifikante Fortschritte auf beiden Seiten», sagte er nach der letzten Verhandlungsrunde zwischen den Russen und den Ukrainern vergangene Woche in Belarus.
Zwei Bentleys und eine teure Villa
Zu Hause wird Sluzki als sehr guter Netzwerker beschrieben. Ein regierungskritisches Wort von ihm ist nicht überliefert. Sluzki steht in Russland aber auch unter Korruptionsverdacht. Aus öffentlich zugänglichen Dokumenten ist ersichtlich, dass der Duma-Abgeordnete zwischen 45'000 und 50'000 Schweizer Franken jährlich verdient. Laut russischem Gesetz ist es Regierungsvertretern untersagt, daneben geschäftlich tätig zu sein. Das hindert seine Frau aber nicht daran, zwei Bentleys zu besitzen, von denen einer umgerechnet rund 300'000 Schweizer Franken kostet. Ab 2019 verbrachten Sluzkis Frau und deren Tochter (12) zudem viel Zeit in einer türkischen Villa, die nirgends als Eigentum aufgeführt wird.
Prüfung am teuersten Internat der Welt nicht bestanden
Sluzkis Tochter präsentiert ihren Followern auf Social Media zudem ein Leben, das für einen Grossteil der Menschen unerreichbar ist: Luxusyachten, Privatjets, Gucci-Taschen. Und unterdessen auch: Schweizer Privatschulen. 2020 belegt sie ein Sommercamp in Le Rosey VD.
Das Genfer Internat gilt als teuerste Schule der Welt, mit Absolventen wie König Albert II. von Belgien (88) und dem letzten Schah von Iran, Reza Pahlavi (1919 – 1980). Ein zwei- bis vierwöchiger Aufenthalt kostet 10’000 bis 15’000 Schweizer Franken. Es gefällt der Tochter dort offenbar so gut, dass sie am 1. März 2021 beschliesst, sich für die Aufnahme an die Schule zu bewerben.
Ihre Vorfreude ist riesig, die Enttäuschung ebenso: Am 22. Juni 2021 teilt sie traurig in einem Video mit, nicht aufgenommen worden zu sein. Warum, ist nicht bekannt. Die Schule hat auf eine Blick-Anfrage bisher nicht reagiert.
Anfang August meldet sie sich dann plötzlich aus Lugano TI: Sie habe gerade die Aufnahmeprüfung an der Tasis-Schule bestanden, die sich «erste amerikanische Schule in der Schweiz» nennt. Sie hoffe, in fünf Jahren den Schweizer Pass zu haben. Anfang September veröffentlicht sie noch ein Video in Internatsuniform, in dem sie sehr glücklich dreinblickt. Einen Tag darauf veröffentlichen russische Investigativjournalisten ein Artikel über Slutski und seine Tochter und sie stellt den Account offline. Blick liegen einige ihrer Videos vor. Ob sie nach wie vor im Tessin weilt, ist nicht bekannt. Die Schule will sich nicht dazu äussern.
Mehrere sexuelle Übergriffe gemeldet
Sluzki steht seit 2018 auch in einem zweiten Punkt stark in der Kritik: Mehrere russische Journalistinnen haben ihm sexuelle Übergriffe vorgeworfen. Konsequenzen hatte das für Sluzki aber keine. Der russische Parlamentssprecher Wjatscheslaw Wolodin sagt dazu: «Wer sich bei der Arbeit in der Duma gefährdet fühle, solle sich einen anderen Job suchen.»
Leonid Sluzkis eigener Job dürfte sicherer sein denn je. Hat er bei den Verhandlungen Erfolg, wird er als Putins Friedensengel gefeiert. Und seine Kritiker müssten wohl für immer verstummen.