Die meisten Amis haben die Nase voll von Quarantäne
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Viele pfeifen auf Corona:Die meisten Amis haben die Nase voll von Quarantäne

Kollektives Ignorieren von Corona-Massnahmen
Die meisten Amis haben die Nase voll von Quarantäne

Ausgerechnet im Land mit den meisten Corona-Infektionen und -Todesfällen halten sich immer weniger Menschen an Covid-19-Auflagen. Eine Nation probt den kollektiven Aufstand gegen Massnahmen. Ein Gefühl von Normalität scheint vielen wichtiger als Prävention und Vorsicht.
Publiziert: 27.04.2020 um 00:38 Uhr
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Aktualisiert: 27.04.2020 um 07:34 Uhr
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Huntington Beach, Kalifornien. Viele Menschen geniessen am Sonntag, 26. April, ein Bad in der Sonne.
Foto: Keystone
Daniel Kestenholz

US-Präsident Donald Trump (73) höchstpersönlich hat Amerikaner dazu aufgerufen, sich über Quarantäne-Massnahmen hinwegzusetzen und sich die Freiheiten zurückzuholen, die vor Corona galten. Inzwischen braucht Trump Proteste gegen Covid-19-Massnahmen erst gar nicht mehr anzuheizen.

Landesweit haben Menschen in den USA offenbar genug von strikten Corona-Massnahmen. Das Onlineportal «TMZ» nennt sie gemeinhin die «Quarantänebrecher Amerikas». Leute im ganzen Land seien «mit ihrem Latein am Ende und werfen das Handtuch».

Das Coronavirus hat Menschen in den USA auf Kollisionskurs mit dem ungestümen Freiheitsdrang gesetzt, der zum Gen der Nation zu gehören scheint. Ausgerechnet im Land mit den meisten Corona-Toten (fast 55'000) und meisten -Infizierten (bald eine Million) schert man sich jetzt zunehmend um Schutzmassnahmen.

Welche soziale Distanzierung?

Landauf, landab, von Küste zu Küste, gehen derzeit wieder massenweise Menschen in den USA nach draussen, an den Strand, auf Wanderwege, und würden «alles Mögliche tun, um wieder ein Gefühl der Normalität zu erlangen», so «TMZ».

Das Ignorieren von sozialer Distanzierung verträgt sich nicht gut mit Bemühungen der Behörden, die Ausbreitung des aggressiven Virus zu unterbinden. Während sich Menschen praktisch überall um den Erdball vorbildlich an die harschen Massnahmen halten, um dem Virus Herr zu werden, foutieren sich offenbar immer mehr Amerikaner um Freiheitsbeschränkungen.

Wirtschaft rasch wieder in Schwung bringen

Auch Bundesstaaten erliegen dem Drang, die Wirtschaft so schnell wie möglich wieder anzuwerfen. So hatte Florida seine Badestrände länger offen gehalten als jeder andere US-Bundesstaat – und dafür im März Hunderte von Infizierten in den Rest des Landes exportiert. Nun gehört Florida zu jenen Bundesstaaten, die sich Behörden- und Expertenratschlägen widersetzen und Geschäfte öffnen, obwohl nicht einmal die von der Regierung Trump gesetzten Wartefristen erfüllt sind.

Texas will die Wirtschaft ab kommender Woche schrittweise öffnen. South Carolina und North Carolina sowie Florida haben bereits mit Lockerungen begonnen – zunächst an Badestränden, wo sich am Wochenende bereits Tausende ohne Schutzmasken tummelten. Bald sollen auch Fitnesszentren, Massage- und Coiffeursalons, Theater und Kinos wieder öffnen.

Noch gewagtere Schritte plant Las Vegas, wo Bürgermeisterin Carolyn Goodman (81) nicht nur schnellstmöglich alle Casinos und Hotels öffnen will. Sie will auch Selbstversuche mit Freiwilligen durchführen, um herauszufinden, ob diese in Casinos vom Virus angesteckt werden. Quarantänevorschriften seien «wahnsinnig», sagte Goodman auf CNN. Einen eigenen Casino-Selbsttest winkt sie ab: «Ich habe keine Zeit. Ich habe Familie.»

Gefahr einer weiteren Todeswelle

Ob es nun Strandbesucher in Kalifornien oder New York sind, oder auch die vielen Demonstranten in Texas und anderen Bundesstaaten, die sich gegen die Corona-Einschränkungen auflehnen: Immer mehr Amerikaner sind offensichtlich bereit, die Quarantäne zu brechen. Die persönliche Freiheit scheint wichtiger als das Gemeinwohl.

Das sei offensichtlich ein Problem, so «TMZ». Denn derart viele Menschen, die nach draussen gehen und so nahe beieinander stehen, könnten eine weitere Welle von Covid-19-Fällen auslösen. Ganz zu schweigen von den möglichen Todesfällen.

Doch vielen Leuten «scheint es egal zu sein, Apathie siegt», so der Kommentar, während insbesondere in den südlichen Bundesstaaten Proteste gegen die Freiheitsbeschränkungen andauern.

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