Hohe Lebensmittelpreise, je nach Region zu wenig oder zu viel Wasser, schlechte Ernten, Stromrationierung: El Niño wirbelt zur Zeit im Südlichen Afrika wie auch in vielen anderen Teilen der Welt die Ernteprognosen durcheinander.
Das Phänomen entsteht im Abstand von mehreren Jahren im tropischen Pazifik und verursacht extremes Wetter in etlichen Ländern. Im Südlichen Afrika bedeutet das: Dürre in Staaten wie Namibia, Malawi oder Mosambik, und sintflutartige Regenmassen in Teilen von Tansania oder der Demokratischen Republik Kongo.
«Das aktuelle El Niño-Phänomen dürfte eines der stärksten der vergangenen 35 Jahre sein», warnt bereits das Regionalbüro der UN-Nothilfe (Ocha) in Südafrikas Metropole Johannesburg. Es dürfte nicht nur zu Ernteausfällen, sondern auch zum Ausbruch von Krankheiten und Wassermangel führen.
Das Regionalbüro schätzt den Ausfall bei der Getreideernte in den 15 Ländern der Südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft (SADC) auf 21 Prozent.
Schon jetzt ist der von Sambia und Simbabwe gemeinsam für die Stromgewinnung genutzte riesige Kariba-Staudamm so trocken, dass die Simbabwer in einigen Vierteln der Hauptstadt Harare gerade mal sechs Stunden pro Tag Strom haben.
Auch Südafrika stöhnt unter der Hitzewelle: In einigen nördlichen Städten kletterte das Thermometer auf bis zu 39 Grad Celsius. Farmer klagen über Ernteausfälle, Verbraucher über drastisch steigende Lebensmittelpreise. Denn Importe von Nahrungsmitteln aus dem Ausland haben sich angesichts des Kursverfalls vieler Landeswährungen drastisch verteuert.
Die Ocha-Experten warnten in Johannesburg, im Südlichen Afrika seien mindestens 13,5 Millionen Menschen durch erhebliche Nahrungsengpässe gefährdet. Der Höhepunkt des Wetterphänomens wird für Ende des Jahres erwartet - er könnte somit Auswirkungen auf die aktuelle Pflanzzeit haben. Auch Äthiopien hatte um internationale Hilfe zur Versorgung von 8,2 Millionen Menschen gebeten.
Die US-Klimabehörde NOAA geht ebenfalls davon aus, dass 2015 als extrem starkes El Niño-Jahr in die Geschichte eingehen könnte. Zusammen mit der Klimaerwärmung könnte El Niño bis Jahresende auch zu einem erneuten weltweiten Korallensterben führen. Die NOAA führt bereits jetzt erste Starkregenfälle im US-Staat Kalifornien und Dürre samt Waldbränden in Indonesien auf das Klimaphänomen zurück.
Menschen in Südostasien dürfte das Wetterphänomen in diesem und im kommenden Jahr eine besonders heftige Dengue-Epidemie bescheren. Eine Langzeitanalyse in acht Ländern der Region zeigt, dass hohe Temperaturen die Stärke der Epidemien erhöhen.
Im El Niño-Zeitraum 1997/1998 sei die Zahl der Erkrankungen auf Rekordniveau gestiegen, berichtet ein Team um Willem von Panhuis von der University of Pittsburgh (Fachjournal «PNAS»). In Ostafrika dagegen leidet Tansania nach heftigen Regenfällen im Norden des Landes gerade unter einem Choleraausbruch.