Kinderkanal propagiert falsches Frauenbild
Beschwerden gegen Flüchtlings-Doku auf Kika

In einer Kika-Sendung geben die 16-jährige Deutsche Malvina und ihr syrischer Freund Diaa von Einblicke in ihre Liebesbeziehung – und sorgen damit für reichlich Zündstoff. Nun sind beim deutsche Kinderkanal sogar offizielle Beschwerden eingegangen.
Publiziert: 11.01.2018 um 22:37 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 00:50 Uhr
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Malvina und Diaa waren während des Drehs zur Doku bereits seit 14 Monaten ein Paar.
Foto: KIKA
Helena Schmid

Zoff beim deutschen Kinderkanal Kika: Im November 2017 strahlte der Sender die Flüchtlings-Doku «Schau mal meine Welt – Malvina, Diaa und die Liebe» aus. Anfangs dieser Woche korrigierte Kika das Alter des syrischen Flüchtlings und Protagonisten Diaa von 17 auf 19 Jahre – und löste damit eine heftige Debatte aus.

Die Doku, die den Beziehungsalltag der 16-jährigen Deutschen Malvina mit ihrem syrischen Freund Diaa zeigt, kam in Kritik. Knackpunkt: Heikle Aussagen wie «Diaa lässt mich keine kurzen Sachen anziehen, immer nur lange Sachen» werden nicht eingeordnet oder kommentiert. Auch Experten kommen keine zu Wort.

Darum geht es in der fragwürdigen Doku

Laut Kinderkanal richtet sich die Sendung an 10-bis 13-jährige Zuschauer. Denen wird gezeigt, wie Malvina beispielsweise aufgehört hat, Schweinefleisch zu essen – weil Diaa Moslem ist. Weiter fordert der Syrer seine Freundin auf, ein Kopftuch zu tragen.

Malvinas Mutter äussert Sorgen um ihre Tochter: «Ich habe das Gefühl, dass er sie irgendwann in eine Burka steckt», sagt sie in der Sendung. Diaa rechtfertigt sich: «Ich glaube an meine Kultur und meine Religion. Die Religion gibt dir Regeln. Ohne diese Religion hast du keine Regeln, und ohne Regeln hast du kein Leben.»

Zwischendurch fallen auch einige kritische Bemerkungen: «Ich habe das Problem mit ihm, dass ich oft in eine Richtung gelenkt werde, in die ich gar nicht kommen möchte. Ich bin Christin. Und eine Emanze», so Malvina.

Heftige Vorwürfe an Kika

Trotz der offenen Sätze stellt sich die Frage, ob eine solche Doku die Themen Flüchtlingskrise und Frauenbild richtig vermittelt. In den sozialen Medien hagelte es Vorwürfe: «Kika propagiert Islamisierung», schreibt ein Nutzer auf Twitter.

Auch Experten üben Kritik: «Aus meiner Sicht kann man den Film 12, 13 oder 14-jährigen Kindern in der Schule zeigen, anschliessend mit ihnen diskutieren. Für kleinere Kinder ist er absolut ungeeignet und pädagogisch äusserst fragwürdig», so die deutsche Psychologin Anke Precht zur Zeitung «Bild».

Mittlerweile gibt es sogar offizielle Beschwerden. «Bild» berichtet: Beim MDR-Rundfunkrat, der für KiKA zuständig ist, waren bis Mittwochmittag bereits vier Beschwerden dazu eingegangen. Zum Inhalt gibt der Rundfunkrat aber keine Auskunft.

So rechtfertigt sich der Sender

Kika hat auf die Vorwürfe reagiert – und auf seiner Website eine «Erläuterung» publiziert. Darin heisst es: «In der Sendung ist Kika der Frage nachgegangen, wo Zusammenleben funktioniert, wo nicht und wo es aus Sicht der Kinder Probleme, Hoffnungen oder Ängste gibt. Der Einblick in den kulturellen und religiösen Hintergrund von Kindern mit anderer Hautfarbe, Herkunft oder Religion ist dabei wichtig für das gegenseitige Verständnis.»

Tanja Nadig vom Hessischen Rundfunk hat die Doku für Kika betreut. Die Redakteurin verteidigt das Frauenbild, das im Film vermittelt wird: «Malvina ist eine sehr emanzipierte Jugendliche. Ich habe mit ihr telefoniert. Sie ärgert sich sehr, dass sie als das kleine, unterjochte Mädchen dargestellt wird. Dabei sagt sie im Film ganz klar zu Diaa: «Du hast mir nicht zu sagen, was ich zu machen habe"», so Nadig zur «Welt».

Grosses Tamtam um Diaas Alter

Anfänglich war nicht der Inhalt der Doku Brennpunkt in der Debatte, sondern Diaas Alter. «Bild»-Chefredaktor Julian Reichelt machte über Twitter auf die Altersänderung auf der Kika-Website aufmerksam. Dort hiess es zunächst, der Flüchtling sei 17. Im Nachhinein wurde diese Angabe dann korrigiert, plötzlich soll Diaa 19 Jahre alt sein.

Kika erklärte schliesslich: «Recherche und Drehbeginn für die Dokumentation lagen am Beginn 2017. Diaa war zu der Zeit 19 Jahre alt. Als er und Malvina sich kennenlernten, war er 17 Jahre alt.»

Schon seit längerem wird in Deutschland im Rahmen der Flüchtlingskrise über die Feststellung des wahren Alters von Flüchtlingen diskutiert. Da passt der Fall von Diaa bestens ins Bild, aber bestimmt nicht ins Kinderprogramm. 

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