«Wir sind noch nicht fertig, wir geben nicht auf», hatte der 72-Jährige am Sonntag in seiner ersten Rede nach den Wahlen vor tausenden Anhängern in Nairobi gesagt. Er rief seine Anhänger auf, am Montag mit einem Streik der Opfer der jüngsten politischen Unruhen zu gedenken. Das öffentliche Leben hatte wegen Streiks bereits seit der Wahl stillgestanden.
Viele Kenianerinnen und Kenianer konnten es sich jedoch offenbar nicht mehr leisten, in den Ausstand zu treten. Einer davon ist Alex Kilonzo, der an einer belebten Strasse in Nairobi Früchte verkauft. «Wenn ich Geld hätte, könnte ich auch streiken», sagte er.
Auch der Büroangestellte Kenneth Kiruja ging zum ersten Mal seit den Wahlen wieder arbeiten. «Das Leben muss weitergehen», sagte der Informatiker der Nachrichtenagentur AFP.
Am Wochenende war es in einem Armenviertel Nairobis erneut zu blutigen ethnischen Konflikten gekommen: Kikuyu-Anhänger waren mit der Volksgruppe der Luo zusammengestossen. Präsident Kenyatta gehört den Kikuyu an, Odinga den Luo.
Wie viele Menschen bei den Vorfällen am Wochenende verletzt wurden, war zunächst unklar. Doch seit den Wahlen am Dienstag vergangener Woche wurden mindestens 16 Menschen bei Protesten getötet - darunter auch ein neunjähriges Mädchen, das von einem Querschläger getroffen wurde.
Odinga will am Dienstag erklären, wie er im Streit um das von ihm als gefälscht bezeichnete Wahlergebnis weiter vorzugehen gedenkt. Das Ausland rief den Herausforderer auf, seine Kritik, die sich um kriminelle Hackerangriffe auf Wahlcomputer dreht, vor das Gericht zu tragen. Dafür hat Odinga noch bis am Freitag Zeit. Die Regierung rief die Menschen auf, am Montag wieder zur Arbeit zu gehen.
Amtsinhaber Kenyatta hatte sich bei der Präsidentschaftswahl nach Angaben der Wahlkommission mit rund 54,3 Prozent der Stimmen gegen seinen Herausforderer Odinga durchgesetzt, der 44,7 Prozent erhielt. Der Oppositionskandidat zweifelt das Ergebnis an und spricht von einer «gestohlenen» Wahl und kriminellen Hackern, die Wahlcomputer manipuliert haben.
Diese Vorwürfe haben das ostafrikanische Land in die tiefste politische Krise seit 2007 gestürzt. Damals waren nach einem knappen Wahlausgang und einem undurchsichtigen Abstimmungsprozess blutige Konflikte ausgebrochen, bei denen mindestens 1100 Menschen getötet und mehr als 600'000 Menschen vertrieben wurden.