Die Palästinenserin Reem Sawihl (15) sagte am 15. Juli 2015 bei einer öffentlichen Diskussion mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel in Rostock (Mecklenburg-Vorpommern): «Es ist wirklich sehr unangenehm zuzusehen, wie andere das Leben geniessen können und man es selber halt nicht mitgeniessen kann.» Und: «Ich weiss nicht, wie meine Zukunft aussieht.»
Sie und ihre Familie, die als Flüchtlinge aus dem Libanon nach Deutschland gekommen waren, würden sich Sorgen wegen ihres ungesicherten Aufenthaltsstatus machen, sagte Reem. Damals hatte sie nur eine vorübergehende Aufenthaltsgenehmigung.
Merkel machte daraufhin deutlich, dass nicht alle Flüchtlinge nach Deutschland kommen könnten und dass manche auch wieder zurückgehen müssten. Daraufhin fing Reem an zu weinen. Als die Kanzlerin die Reaktion des Mädchens bemerkte, streichelte sie Reem, um sie zu trösten.
«Aufregend und eine besondere Situation»
«Sie hat damals sehr viel Kritik dafür bekommen, dass sie mich gestreichelt hat, aber es war sicher auch für sie aufregend und eine besondere Situation», sagte Reem nun der «Bild am Sonntag».
«Ich würde ihr einfach nur Danke sagen wollen – von mir und meiner Familie, aber auch von all den Flüchtlingen, denen sie geholfen hat» – obwohl dies «für sie und Deutschland alles nicht so einfach» war.
Besuch im Kanzleramt
Wie erst jetzt bekannt wurde, lud Merkel Reem Monate nach dem Vorfall in Rostock noch einmal zu sich ein. «Reem war nach den Osterferien auf Einladung der Bundeskanzlerin zu einem Gespräch im Kanzleramt», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Zum Inhalt des Gesprächs machte er keine Angaben.
Reem sieht ihre Begegnung mit Merkel heute selbst als Wendepunkt in ihrem Leben: «Ich bin selbstbewusster und mutiger geworden.» Bis vor einem Jahr habe sie im Rollstuhl gesessen und nicht allein laufen können. «Vor ein paar Monaten hatte ich den Mut, es auszuprobieren.» Seither habe sie grosse Fortschritte gemacht. Darüber sei sie «wahnsinnig glücklich».
«Rostock ist jetzt unser zu Hause»
Die Familie war mit einem Visum zur medizinischen Behandlung Reems nach Deutschland gekommen. Das Mädchen war nach Komplikationen bei ihrer Geburt teilweise gelähmt und später im Libanon zusätzlich bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt worden.
Inzwischen verfügt die Familie über eine Aufenthaltsgenehmigung, wenn auch zunächst befristet bis Oktober 2017. Ihr Vater und ihre Mutter fanden Arbeit. «Rostock ist jetzt unser zu Hause», sagte Reem der «BamS». (SDA)