Die massiven Verfehlungen von Heinz-Christian Strache (49) sind das eine, die heimlichen Aufnahmen in einer privaten Villa auf Ibiza das andere. In Österreich rätselt man darüber, wer der Drahtzieher der Videoaufnahmen sein könnten, die den inzwischen abgetretenen FPÖ-Chef Strache im Gespräch mit einer angeblichen russischen Oligarchin zeigen.
Kanzler Sebastian Kurz (32) hat nun unverblümt gesagt, wen er hinter der Aktion vermutet: den Kampagnen-Treiber Tal Silberstein (50). Der Israeli war vor den Nationalratswahlen 2017 von den Sozialdemokraten eingesetzt worden, um Kurz und dessen ÖVP zu schaden.
Falsche Anschuldigungen auf Facebook
Silberstein ging bei seiner Arbeit vor zwei Jahren unzimperlich vor. In einer eigentlichen Schmutzkampagne eröffnete er anonym die Facebook-Gruppen «Wir für Sebastian Kurz» und «Die Wahrheit über Sebastian Kurz». Auf diesen Seiten wurde Kurz mit falschen Anschuldigungen und Fotomontagen in den Dreck gezogen.
In einem aktuellen Interview mit der «Krone» sagt Kurz: «Die Sozialdemokratie hat ja immer wieder in Wahlkämpfen Tal Silberstein beauftragt, und er ist weltweit dafür bekannt, dass er genau solche Aktionen organisiert, um politische Mitbewerber auszuschalten. Er ist sicher in diesem grauslichen Geschäft weltweit einer der besten und hat das in vielen Ländern dieser Welt schon praktiziert. Insofern halte ich das für sehr wahrscheinlich.»
Silberstein: «Habe nichts mit Skandal-Video zu tun»
Kurz wisse aus eigener Erfahrung, zu welchen Methoden die Sozialdemokraten mit Silberstein bereit waren. Kurz: «Da wurden Facebook-Seiten, die klar antisemitisch waren, erstellt und so getarnt, als seien es Facebook-Seiten von mir und meinen Unterstützern, um mich damit im Nationalratswahlkampf fertigzumachen.» Es würde ihn daher nicht überraschen, wenn sie auch genauso solche Videomitschnitte und anderes organisiert hätten.
Tal Silberstein wehrt sich gegen die Vorwürfe von Kurz und bestreitet jede Beteiligung am Skandal-Video. «Ich lehne diese falschen und grundlosen Anschuldigungen gegen mich ab. Ich habe nichts mit dem Ibiza-Skandal zu tun», teilte er dem Magazin «Datum» mit.
«Der Versuch, mich damit in Verbindung zu bringen, hat den Zweck, die Öffentlichkeit vom eigentlichen Skandal abzulenken», liess er in einer schriftlichen Stellungnahme verlauten. «Ich habe meine Rechtsanwälte bereits damit beauftragt zu untersuchen, wie und ob ich mich gegen diese grundlosen und unverantwortlichen Angriffe wehren kann.»
Spezialist im Dirty Campaigning
Silberstein gilt als Spezialist für Negativkampagnen. Im US-Dokumentarfilm «Our Brand Is Crisis» (Unsere Spezialität ist die Krise) erklärt er die Methodik von Dirty Campaigning am Beispiel des bolivianischen Wahlkamps 2002, wo er als Berater den damaligen Präsidenten Gonzalo Sanchez de Lozada (88) unterstützte.
Viele führende Politiker haben seine Hilfe in Anspruch genommen. Darunter befinden sich die ehemaligen israelischen Ministerpräsidenten Ehud Barak (77) und Ehud Olmert (73), die ukrainische ex-Regierungschefin Julia Timoschenko (58), der rumänische ex-Regierungschef Calin Popescu-Tariceanu (67) und der rumänische ex-Staatschef Traian Basescu (67).
In Israel verhaftet
Im Herbst 2017 war Silberstein in Israel wegen Verdachts auf Bestechung, Urkundenfälschung und Geldwäsche verhaftet worden. Rumänien ermittelt gegen ihn, weil dem Staat bei einem Immobiliengeschäft ein Schaden von mindestens 145 Millionen Euro entstanden sein soll. Zudem soll Silberstein den Präsidenten von Guinea bestochen haben, um an eine milliardenschwere Diamantenmine zu gelangen.
Kanzler Kurz will nicht nur den inzwischen zurückgetretenen Vize-Kanzler Strache für seine «widerlichen» Äusserungen und Absichten zur Rechenschaft ziehen, er will auch wissen, wer die Aufnahmen gemacht hat. Kurz sagt in der «Krone»: «Es muss zu einer lückenlosen Aufklärung aller im Video entstandenen Vorwürfe kommen. Und natürlich auch herausgefunden werden, wer dieses Video erstellt hat.»
Schweizer hat offenbar nichts damit zu tun
Als mögliche Urheberin der Aufnahmen wurde anfänglich auch das Zentrum für Politische Schönheit in Deutschland genannt. Ihr Chef, der schweizerisch-deutsche Aktionskünstler Philipp Ruch (38), provozierte in der Schweiz unter anderem mit dem Inserat «Tötet Roger Köppel», das auf ein Theater aufmerksam machen sollte. Deutsche Medien berichten nun aber, dass das Zentrum nichts damit zu tun habe.