4000 nackte Füsse, 2000 kahl rasierte Köpfe, 2000 tätowierte Rücken – 2000 Häftlinge in El Salvador wurden in einer Nacht-und-Nebel-Aktion in den neuen Gefängniskomplex in Tecoluca verfrachtet. Niemand – nicht einmal die Angehörigen der Gefangenen – wusste, wohin die Busse sie bringen würden. Die Häftlinge sitzen mit den Händen hinter dem kahlgeschorenen Kopf auf dem Boden, dicht aneinandergedrängt, bevor sie in ihre Zellen gebracht werden.
Präsident Nayib Bukele (41) twitterte, dass die ersten 2000 Personen «im Morgengrauen in einer einzigen Operation» in das Zentrum für die Inhaftierung von Terroristen verlegt wurden, das nach seinen Worten das grösste Gefängnis in Amerika ist. Das Gefängnis soll schlussendlich mehr als 40'000 Häftlinge beherbergen. «Dies wird ihr neues Haus sein, in dem sie jahrzehntelang leben werden, unfähig, der Bevölkerung weiteren Schaden zuzufügen.» Umgeben von nichts als flacher Landschaft und umzingelt von hohen Mauern müssen die Gefangenen ihr Dasein fristen.
100 Gefangene auf 100 Quadratmetern
Bukele stellt das Gefängnis «Centro de Confinaiento del Terrorismo» (Zentrum für Terrorismusgefangenschaft) vor rund drei Wochen vor. Das Mega-Gefängnis, das 74 Kilometer südöstlich der Hauptstadt San Salvador liegt, besteht aus acht Gebäuden. Jedes hat 32 Zellen mit einer Fläche von etwa 100 Quadratmetern, in denen nach Angaben der Regierung «mehr als 100» Gefangene untergebracht sind. Die Zellen haben jeweils nur zwei Waschbecken und zwei Toiletten. Die Häftlinge müssen auf Betonliegen schlafen, Matratzen gibt es keine, wie «BBC» berichtet.
Um Ausbrüche zu verhindern, verfügt das Gefängnis über mehrere Sicherheitsringe. Die Zäune, welche die Gebäude umgeben, sind mit 15'000 Volt geladen. Sicherheitsbeamte beobachten das Geschehen in den Gefängnisgebäuden und auf dem Gelände aus 19 Wachtürmen. Schon vor seiner Einweihung geriet das Gefängnis wegen seiner menschenunwürdigen Ausstattung in die Kritik.
Menschenrechtsorganisationen kritisieren Umgang mit Banden
Präsident Bukele hat im vergangenen März den «Krieg gegen die Banden» ausgerufen und Notstandsmassnahmen erlassen, die mehrfach verlängert wurden. Diese Massnahmen sind umstritten, da sie einige verfassungsmässige Rechte einschränken und es den Sicherheitskräften beispielsweise erlauben, Verdächtige ohne Haftbefehl zu verhaften.
Die Behörden geben an, dass kriminelle Banden wie MS-13 und Barrio-18 Zehntausende von Mitgliedern haben und für Morde, Erpressung und Drogenhandel verantwortlich sind. Ziel der Massenverhaftungen sei es, die Banden «ganz verschwinden» zu lassen, so die Regierung.
Menschenrechtsorganisationen haben argumentiert, dass unschuldige Menschen in die Fänge dieser Politik geraten sind, und einige der Festgenommenen haben berichtet, dass sie einer «grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung» ausgesetzt waren. Doch Bukele's Anti-Gang-Politik bleibt bei den Salvadorianern nichtsdestotrotz beliebt.
Mehr als 64'000 Verdächtige wurden im Rahmen der Anti-Kriminalitätskampagne verhaftet. El Salvador hat die weltweit grösste Gefängnispopulation. (chs)