Kampf gegen Ämterverbot
Menschenrechtsgericht prüft Berlusconis Klage

Italiens früherer Ministerpräsident Silvio Berlusconi kämpft vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte darum, wieder für ein politisches Amt kandidieren zu können. Der Senat in Rom hatte dem heute 81-Jährigen dieses Recht bis 2019 abgesprochen. Über eine Beschwerde Berlusconis dagegen verhandelte das Gericht in Strassburg nun am Mittwoch.
Publiziert: 23.11.2017 um 10:53 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 16:04 Uhr
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Der italienische Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi reichte beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Klage zum Ämterverbot ein. Berlusconi will wieder aktiv politischen Einfluss nehmen.
Foto: REUTERS

Sechs Jahre nach dem Ende seiner skandalgeprägten Amtszeiten nimmt Berlusconi wieder Einfluss auf die italienische Politik. Vor den Regionalwahl auf Sizilien im November präsentierte er sich als Anführer der Mitte-Rechts-Allianz, die die Wahl gewann.

Ginge es nach Berlusconi, würde er wieder für das Amt des Ministerpräsidenten antreten. «Meine Rolle im kommenden Wahlkampf ist jedenfalls klar: Ich werde draussen sein, um das Mitte-Rechts-Lager zum Regieren dieses Landes zu führen«, twitterte Berlusconi am Mittwoch.

Doch so einfach ist es nicht. Gegen den Chef der konservativen Forza Italia liefen seit den 1990er Jahren Dutzende Verfahren. Es ging um Steuerbetrug, Bestechung, Amtsmissbrauch oder Sex mit Minderjährigen. Rechtskräftig verurteilt wurde er nur in einem Fall - der steht nun aber seiner politischen Zukunft im Wege.

Es ging dabei um Geschäfte mit Fernsehrechten in den 1990er Jahren. Die zunächst verhängte Haftstrafe wurde später reduziert, Berlusconi musste schliesslich nur zehneinhalb Monate Sozialdienst leisten.

Kritik an rückwirkender Anwendung

Die Entscheidung des Senats, ihm die Wählbarkeit bis 2019 abzusprechen, blieb dagegen bestehen. Berlusconis Anwalt bemängelte, dass das zugrundeliegende Severino-Gesetz erst gut 15 Jahre nach den Taten in Kraft getreten war, für die sein Mandant verurteilt worden war. Da der Entzug des passiven Wahlrechts - des Rechts, gewählt zu werden - einer Strafe gleichkomme, sei eine solche rückwirkende Anwendung unzulässig.

Die Anwälte beriefen sich dabei nicht nur auf die Europäische Menschenrechtskonvention, sondern auch auf die italienische Verfassung: Sie schreibt vor, dass niemand für eine Straftat verurteilt werden kann, die vor Gültigkeit eines entsprechenden Gesetzes begangen wurde.

Ausserdem kritisieren die Anwälte, dass Berlusconi in Italien keine Möglichkeit hatte, Beschwerde gegen das Ämterverbot und den Entzug seines Mandats einzulegen. Damit sei auch gegen das Diskriminierungsverbot sowie gegen das Recht auf freie Wahlen verstossen worden.

Zudem sei die Entscheidung von Berlusconis Gegnern getroffen worden. «Das war nicht die Justiz eines italienischen Gerichts», so der Anwalt. «Das war die Politik eines italienischen Amphitheaters."

Berlusconi reicht gleich mehrere Beschwerden ein

Gewählt werden muss in Italien spätestens im Mai 2018. Ob es bis dahin ein Urteil aus Strassburg gibt, ist fraglich. Berlusconi hat es allerdings nicht bei der einen Beschwerde belassen, hängig sind zwei weitere. Der Medienunternehmer wehrt sich damit ganz generell gegen seine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung sowie gegen ein Zivilverfahren, in dem es um eine Millionenentschädigung ging.

Die Bühne, die die Fernsehkameras am Mittwoch in Strassburg boten, nutzte der Italiener nicht. Er blieb der Verhandlung fern. Medienberichten zufolge gönnte sich der 81-Jährige drei Tage Ruhe in einer Schönheitsfarm in Meran in Südtirol.
(SDA)

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