Der 50-jährige Kai Wegner bekam am Donnerstag erst im dritten Wahlgang ausreichend Stimmen, um die Nachfolge von Franziska Giffey anzutreten. Er erhielt in der geheimen Abstimmung 86 Ja-Stimmen, genau so viele, wie die Koalitionspartner CDU und SPD zusammen an Abgeordneten haben. 70 Abgeordnete stimmten im dritten Wahlgang gegen Wegner. Die rechtspopulistische AfD-Fraktion erklärte im Anschluss, im dritten Wahlgang für Wegner gestimmt zu haben. Wegner nahm die Wahl an.
In den ersten beiden Wahlgängen war Wegner gescheitert. Er bekam zunächst 71 Ja-Stimmen, im zweiten Anlauf 79 Stimmen. Für die ersten beiden Wahlgänge war eine absolute Mehrheit von 80 Stimmen nötig. Die neue Berliner Koalition aus CDU und SPD verfügt über 86 Stimmen und die Opposition aus Grünen, Linken und AfD über 73. CDU und SPD in Berlin stellen künftig jeweils fünf Senatorinnen und Senatoren.
Die dramatisch verlaufende Abstimmung weckte Erinnerungen an die Wahl des früheren Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit im Jahr 2006. Der SPD-Politiker war damals erst im zweiten Wahlgang mit der knappsten Mehrheit von einer Stimme wiedergewählt worden.
Vor dem dritten Wahlgang hatten CDU und SPD gegen einen Antrag der Grünen und der Linken gestimmt, die die Wahl des Regierenden Bürgermeisters vertagen wollten. Die AfD enthielt sich. Politiker von CDU und SPD hatten sich nach dem zweimaligen Scheitern Wegners gegenseitig die Schuld für das Wahl-Drama zugewiesen.
Der frühere Bundestagsabgeordnete Wegner steht an der Spitze eines schwarz-roten Bündnisses aus CDU und Sozialdemokraten, das sich nach der Wiederholungswahl im Februar gebildet hatte. Wegner ist der erste Regierende Bürgermeister aus Reihen der CDU nach Eberhard Diepgen, der dieses Amt bis Juni 2001 innehatte. Die neue Koalition von CDU und SPD löst das Bündnis aus SPD, Linken und Grünen ab, das Berlin seit 2016 regiert hatte.
Anders als bei der SPD hatte es bei den Berliner Christdemokraten keine öffentlichen Diskussionen über das schwarze-rote Bündnis gegeben. Bei einem CDU-Parteitag war der Koalitionsvertrag ohne Gegenstimme durchgegangen, bei der SPD fiel die Zustimmung in einem Mitgliedervotum mit 54,3 Prozent deutlich geringer aus. Wegners Vorgängerin Giffey übernimmt im neuen Senat den Posten der Wirtschaftssenatorin.
Die CDU war als stärkte Partei aus der Wiederholungswahl im Februar hervorgegangen und hatte SPD und Grüne auf die Plätze verwiesen. Giffey war daraufhin bereit, für die Koalition von Schwarz-Rot ihr Amt aufzugeben, das sie bei einer Fortsetzung von Rot-Grün-Rot vermutlich behalten hätte. Die Abstimmung im Februar war nötig geworden, weil es bei der regulären Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2021 zahlreiche organisatorische Pannen gegeben hatte.
(SDA)